Kommentar Kabinettsumbildung in NRW: Kein Aufbruchsignal

Möglicherweise hat Hannelore Kraft bei der Neubesetzung des Familienressorts an Manuela Schwesig gedacht. Wer gut eineinhalb Jahre vor der Landtagswahl sein Kabinett umbildet, der verspricht sich davon neuen Schwung für die Arbeit der Landesregierung, frische Gesichter, die in der Öffentlichkeit mit wichtigen Themen verbunden werden und nicht zuletzt ein Aufbruchsignal. Ob diese Umbildung das Zeug dazu hat? Teils, teils.

Sie ist ein absoluter Pluspunkt für die SPD im Bundeskabinett. Ob Christina Kampmann die NRW-Kopie des Berliner Originals werden kann, muss sich noch zeigen. Bei ihrer gestrigen Vorstellung wirkte die junge Ostwestfälin noch recht blass. Den Chef der Staatskanzlei zum Minister zu machen, zeigt die hohe Wertschätzung, die Franz-Josef Lersch-Mense bei Kraft genießt. Ein alter Hase ist der künftige Arbeitsminister Rainer Schmeltzer. Von ihm wird man solide Arbeit erwarten dürfen, doch ist damit auch ein Aufbruchsignal verbunden? Eher nicht.

Die Integration Hunderttausender Flüchtlinge wird eine der wichtigsten Aufgaben im Land sein. Da wäre es eher ein Signal gewesen, den umtriebigen und fachkundigen Integrationsstaatssekretär Thorsten Klute aus Ostwestfalen ins Ministeramt aufrücken zu lassen. Das aber hätte den gerade in der SPD so wichtigen Regionalproporz durcheinandergebracht. Also ersetzt nun eine ostwestfälische Familien- und Netzpolitikerin eine lippische Familienpolitikerin, und ein früherer Gewerkschafter aus dem Ruhrgebiet kommt für einen Ex-Gewerkschaftsboss aus dem Revier in das Arbeitsministerium. Kreativ ist das sicherlich nicht.

Kraft will in der Öffentlichkeit nicht als jene dastehen, die Minister nach Gutdünken holt oder schasst. Deshalb hat sie mehrfach betont, die drei Minister würden auf eigenen Wunsch ausscheiden. Ganz so war es sicherlich nicht, galten doch alle drei nicht als politische Schwergewichte im Kabinett. Krafts Verhalten hat aber auch viel mit Dankbarkeit gegenüber jenen zu tun, die seit dem Start der Minderheitsregierung 2010 an ihrer Seite standen.

Vor fünf Jahren hat sich Kraft bei der Regierungsbildung einige Körbe geholt. Schäfer, Schneider und Schwall-Düren waren aber unter jenen, die nicht Nein gesagt haben. Andererseits: Es ist doch nicht ehrenrührig, als Regierungschefin die Zügel in die Hand zu nehmen und auch mit Personalentscheidungen deutlich zu machen, wohin man das Land führen will. Und das dann auch in der Öffentlichkeit zu vertreten.

Die Grünen kommen in der Diskussion um die Kabinettsumbildung gar nicht vor. Das wiederum hängt damit zusammen, dass in der Regel jeder Koalitionspartner über seine Minister selbst bestimmt - jedenfalls dann, wenn die Ressortzuschnitte bestehen bleiben. Schulministerin Sylvia Löhrmann, Umweltminister Johannes Remmel und Gesundheitsministerin Barbara Steffens sind von daher für das letzte knappe Drittel der Wahlperiode weiterhin gesetzt.

Die CDU hat gestern zwar vom letzten Aufgebot der SPD gesprochen. Doch sie sollte sich nicht täuschen. Hannelore Kraft und ihre SPD können kämpfen. In der Bevölkerung hat die Ministerpräsidentin immer noch ein hohes Ansehen. Das könnte am Ende entscheidend sein.

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