Kommentar Kindertagesbetreuung - Mehr Tempo

Die aktuellen Zahlen vom Statistischen Bundesamt zu den Betreuungsplätzen für die Ein- und Zweijährigen werfen Fragen auf. Neun Monate sind es nur noch bis zum Inkrafttreten des Rechtsanspruchs der Eltern auf einen Kita-Platz oder wenigstens eine Stelle in der Tagespflege.

Die Furcht der Kommunen, dass es dann zu massenhaften Klagen kommen wird, ist sicherlich unbegründet. Fest steht aber auch, dass gerade Eltern in Nordrhein-Westfalen vielerorts ihr Kind nicht in der Wunsch-Kita unterbringen können, weil nicht genügend Plätze vorhanden sind.

Als erstes wird zu klären sein, wie valide die am Dienstag veröffentlichten Zahlen zum Kita-Ausbau sind. Immerhin basieren sie auf Datenmaterial, das die jeweiligen Landesbehörden vorlegen. Warum teilweise eine Lücke klafft zwischen den Angaben der Landesregierungen und der Meldung des Statistischen Bundesamtes, ist erstaunlich.

Auch die Hoffnung der Bundesfamilienministerin, dass Tagesmütter und Tagesväter als Betreuer einspringen, wo nicht genügend Kita-Plätze vorhanden sind, dürfte sich so nicht erfüllen. Nun wird man Kristina Schröder nicht vorwerfen können, sie wolle ein Vorhaben hintertreiben, das sie von ihrer Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen übernommen hat.

Als junge, berufstätige Mutter lebt sie ein Familienmodell, das auf Kinderbetreuung durch Dritte angewiesen ist. Trotzdem wird Schröder daran gemessen werden, wie sich die Situation im August 2013 darstellt. Aus der Klemme kommt sie nur, wenn sie jetzt schnellstens einen Krippengipfel mit Ländern und Kommunen einberuft, bevor sich die Probleme zuspitzen. Weiter auf Konfrontation zu setzen, wird ihr nicht helfen - und den Müttern und Vätern, die einen Betreuungsplatz suchen, schon gar nicht.

Auffallend ist, dass die Betreuungsquote unabhängig von der politischen Färbung der Landesregierungen ist. Das CSU-regierte Bayern steht sogar besser da als NRW mit seiner rot-grünen Landesregierung. Dass im Osten die Betreuungsquote bei bis zu 60 Prozent liegt, beweist, dass sich das Angebot auch seine Nachfrage schafft. Würde es im Westen mehr Betreuungsplätze für Kleinkinder geben, würden auch mehr Mütter schneller wieder in ihren Job zurückkehren. Dies ist Ausdruck eines gesellschaftlichen Wandels, dem sich keine Partei entgegenstellen darf.

Dabei lügen sich Kommunalpolitiker in die Tasche, wenn sie meinen, bei ihnen sei der Betreuungsbedarf niedriger als anderswo. Es ist erschreckend, wie viele Städte und Gemeinden glauben, es nicht nötig zu haben, den tatsächlichen Bedarf zu ermitteln. Schon deshalb darf ihrer Forderung, den Rechtsanspruch auf einen KitaPlatz zu verschieben, nicht nachgegeben werden. Er ist immerhin ein Hebel für Eltern, damit Tempo in den Ausbau kommt.

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