Kommentar zum Fall Osman Kavala Werkzeug der Regierung

Meinung | Istanbul · Niemand sollte diese Gerichtsentscheidungen als Urteile unabhängiger Richter missverstehen. Die türkische Justiz ist bei politischen Prozessen ein Werkzeug der Regierung, das je nach Bedarf mal so und mal so eingesetzt werden kann. Kavala und andere politische Häftlinge kommen erst frei, wenn Erdogan das will, meint unsere Autorin.

  Osman Kavala, damaliger Vorsitzender des Kulturinstituts Anadolu Kültür, spricht auf einer Pressekonferenz im EU-Parlament.

Osman Kavala, damaliger Vorsitzender des Kulturinstituts Anadolu Kültür, spricht auf einer Pressekonferenz im EU-Parlament.

Foto: dpa/Wiktor Dabkowski

Die Türkei hat im Fall des Demokratie-Aktivisten Osman Kavala einen weiteren Beweis dafür geliefert, wie schlimm es um die Justiz im Land bestellt ist. Kavala, ein prominenter Partner der EU und anderer europäischer Institutionen, sitzt seit mehr als drei Jahren im Gefängnis, weil die türkische Regierung ihn ohne jeden Beweis zum staatsfeindlichen Agenten gestempelt hat und die willfährige Justiz ihn mit absurden Vorwürfen hinter Gittern hält. Präsident Erdogan beschimpft Kavala als Handlanger des Investors George Soros beim angeblichen Versuch, die türkische Regierung zu stürzen. Obwohl der Europäische Menschenrechtsgerichtshof seit langem die Freilassung von Kavala fordert, wird der 63-jährige unter fadenscheinigen Gründen weiter in Haft gehalten. Am Dienstag hat das türkische Verfassungsgericht erneut Kavalas Freilassung abgelehnt.