Kommentar zum Anstieg der Insolvenzen Wieso die Insolvenzen kein Grund zur Sorge sind
Meinung | Frankfurt · Die Zahl der Firmenpleiten ist gestiegen. Warum das für GA-Autor Mischa Ehrhardt kein Grund zur Sorge ist, erklärt er.
Der Anstieg der Insolvenzen ist an sich noch kein Grund zur Sorge. Denn nie in der Geschichte war die Zahl von Firmenpleiten so niedrig wie 2020 und 2021. Eine Normalisierung war daher vorhersehbar. Doch ist die Lage für viele Firmen nach wie vor schwierig. Energie bleibt teuer. Auch sind die Preise für viele Materialien und Rohstoffe noch immer hoch. Hinzu kommt eine schwache Nachfrage in vielen Bereichen, weil die Konjunktur lahmt und die Konsumlaune schlecht ist. Schließlich belastet auch die Zinswende. Denn damit steigen die Kosten für die Finanzierung von Investitionen. Das ist nicht zuletzt auch einer der Hauptgründe, warum die Bauwirtschaft die meisten Insolvenzen registriert: Bauprojekte werden ad acta gelegt oder verschoben, weil Häuslebauer ihre Pläne nicht mehr finanzieren können.
Die Lage wird sich absehbar auch nicht schnell verbessern. Stand jetzt hält die EZB weitere Zinsanhebungen für angebracht, um die Inflation zumindest mittelfristig wieder herunter zu bekommen. Und schließlich darf man auch nicht vergessen, dass viele Unternehmen zwar während der Krisen in den vergangenen Jahren Staatshilfen bekommen haben. Allerdings war dies offensichtlich auch notwendig. Mit anderen Worten: Viele Unternehmen sind geschwächt durch Pandemie und Energiekrise, ihr Eigenkapital ist geschwunden. Das macht sie anfällig für Gegenwind, egal aus welcher Richtung. Das gilt etwa für viele Betriebe der Gastronomie, denen die Corona-Pandemie zum Teil heftig zugesetzt hat. Oder Einzelhändler, die nach Schließungen und dem Abwandern von Kunden ins Internet nun unter der Konsumflaute leiden. Nicht die aktuellen Insolvenzen sind Grund zur Sorge. Wohl aber die eingetrübten Perspektiven und möglicherweise verstärkt auftretende Pleiten in Zukunft.