Kommentar zu Nachtzügen Renaissance erwünscht
Meinung · Museumsreife Schlafwagen und ausgelegene Pritschen brachten Millionenverluste. Vor drei Jahren zog die Bahn die Notbremse. Nun setzt ein Umdenken ein. Kommen die Nachtzüge zurück?
Das Angebot der Bahn darf sich nicht mehr nur an der Wirtschaftlichkeit orientieren. Das war lange Zeit der Fall. Statt „an jeder Milchkanne“ zu halten, wie es ein früherer Bahnchef nannte, wurden nur noch profitable Strecken bedient. Dieser Maxime ist vor drei Jahren sowohl der Nachtzug als auch der Autoreisezug zum Opfer gefallen. Das Angebot brachte der Deutschen Bahn Verluste ein. Und doch könnte zumindest der Nachtzug mit Schlaf- und Liegewagen vor einer Wiedergeburt stehen. Verkehrsminister Andreas Scheuer kann sich das jedenfalls vorstellen. Er denkt damit in die richtige Richtung.
Gemessen an der Gesamtzahl der Fahrgäste ist das nächtliche Passagieraufkommen gering. Doch die Bundesbahn aus Österreich, die einige Linien bedient, zeigt, dass es dafür eine profitable Nachfrage gibt, vor allem im grenzüberschreitenden Verkehr. Nachtzüge zwischen europäischen Großstädten könnten dagegen auf reges Interesse stoßen und Kunden vom Flugzeug auf die Schiene umlenken. Wenn das Angebot stimmt, sind Reisende auch zunehmend bereit zum Wechsel des Verkehrsmittels.
Und doch ist ein leistungsfähiges Nachtzugnetz erst einmal Wunschdenken. Es müsste wohl in einer Kooperation verschiedener europäischer Bahnunternehmen entstehen und bedürfte hoher Investitionen. Mit der Aufgabe, den alltäglichen Bahnverkehr reibungslos zu gestalten, hat die Deutsche Bahn schon jetzt alle Hände voll zu tun. Die Überlegung sollte jedoch als langfristiges Ziel in die Planung eingebunden werden.