Kommentar Kurt Beck kündigt seinen Rückzug an - Der richtige Schritt

Dass Kurt Beck nicht die gesamte Wahlperiode Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz bleiben würde, das zeichnete sich schon bald nach der Landtagswahl im März 2011 ab. Dass er aber gerade jetzt seinen Rücktritt ankündigt, das ist doch eine Überraschung. Zumal er noch vor wenigen Wochen erklärt hatte, er werde im November wieder als SPD-Landesvorsitzender kandidieren. Doch offenbar hat ihm seine angegriffene Gesundheit einen Strich durch diese Rechnung gemacht.

Malu Dreyer als Ministerpräsidentin in spe - das hätten wohl auch nicht viele vermutet. Die Sozialministerin ist keine Lautsprecherin, die die schnelle Schlagzeile sucht, sondern eher eine Politikerin, die mit ihrer Fachkompetenz punktet. Mit ihrer zuweilen ansteckenden Fröhlichkeit kann sie zu einer Sympathieträgerin werden - auch wegen des Mutes, sich von ihrer Krankheit nicht unterkriegen zu lassen.

Der Karrieresprung Dreyers hat allerdings auch viel damit zu tun, dass die beiden männlichen Anwärter auf die Nachfolge Becks, Innenminister Roger Lewentz und SPD-Fraktionschef Hendrik Hering, in der Nürburgring-Affäre Wunden erlitten haben. Für Beck selbst ist das Finanzdesaster rund um den überdimensionierten Freizeit- und Erlebnispark der traurige Schlusspunkt einer Ära.

Seit 18 Jahren regiert er in Mainz. Verdienstvoll sicher bei der Bewältigung der Folgen des Militärabzugs in weiten Teilen des Landes, einer Wirtschaftspolitik, die Rheinland-Pfalz weiterhin eine vergleichsweise niedrige Arbeitslosenquote gebracht hat und auch dabei, früh auf Ganztagsschulen zu setzen. Mit all dem verbunden war und ist aber auch auch eine stetig steigende Verschuldung des Landes, die kaum noch finanzielle Spielräume ermöglicht und die es zweifelhaft erscheinen lässt, dass Rheinland-Pfalz, wie versprochen, 2020 die Schuldenbremse wird einhalten können.

Mit seiner Art Politik zu machen, nah bei den Menschen und gern händeschüttelnd durch das Land reisend, passte Beck gut zu Rheinland-Pfalz. Manche Attitüde von "König Kurt", seine Dünnhäutigkeit und das Unvermögen, Fehler einzusehen, machten ihm aber gerade in den letzten Jahren seiner Regierungstätigkeit das Leben schwer.

Beispiel Nürburgring: Schon als absehbar war, dass das Land mit dem als Strukturmaßnahme initiierten Projekt finanziell gegen die Wand fahren würde, sprach Beck noch von einem Modell, das sicher in wenigen Jahren erfolgreich sein werde. Gute Absichten, für die wirtschaftsschwache Region etwas zu tun, dürfen ihm nicht abgesprochen werden. Aber in einer Mischung aus Selbstüberschätzung, Größenwahn und Schönfärberei ließ Beck das Desaster zu.

Er wolle nicht vor der Verantwortung weglaufen, war lange seine Begründung dafür, nicht zurückzutreten. Beck ist konsequent, wenn er nun seine Gesundheit als ausschließlichen Grund für den Rückzug anführt. Gleichwohl: Der Schritt ist richtig, kommt aber dennoch ein bisschen spät. Bald stehen nun zwei Frauen an der Spitze von Regierung und Opposition in Mainz. Mit Malu Dreyer wird Julia Klöckner vermutlich mehr Mühe haben als mit dem politisch angeschlagenen Kurt Beck.

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