Kommentar Landtagswahl in Sachsen - Erwartbar

Es besteht zumindest für die Union kein Grund, das sächsische Landtagswahlergebnis bundespolitisch zu überhöhen. Dem Freistaat geht es gut, die Finanzen sind in Ordnung, die Arbeitslosigkeit schrumpft, und die bildungspolitischen Erfolge sind aller Ehren wert.

ielleicht gibt es nirgendwo in Deutschland eine vergleichbar geringe Wechselstimmung. Deshalb war der Wahlerfolg des unspektakulär und stocksolide regierenden Stanislaw Tillich von geradezu einschläfernder Erwartbarkeit - so einschläfernd, dass mancher CDU-Wähler ganz daheim geblieben ist.

Da haben die Sozialdemokraten schon mehr zu bereden. Das wieder einmal niederschmetternd schwache Ergebnis wird man ja wohl kaum dem rackernden Spitzenkandidaten Martin Dulig in die Schuhe schieben können.

Es bestätigt dagegen einmal mehr eine Erkenntnis, die allmählich auch der Parteiführung dämmert: Die SPD hat die Wähler, die sie hat. Neue kommen nicht mehr hinzu. Der Einbruch in andere Milieus müsste mit Themen erfolgen, die dort auch zünden. Tatsächlich aber arbeiten die Sozialdemokraten ihre klassische Agenda ab.

Das überzeugt die ohnehin schon Überzeugten noch ein bisschen mehr. Das schafft wohlige Wärme im eigenen Lager, aber eben keinerlei Zuwachs, zumal die Linke ebenfalls stabil bleibt. Der letzte Sozialdemokrat, der den Ausbruch aus dem eigenen Dunstkreis und den Einbruch in andere Wählerschichten schaffte, war Gerhard Schröder, aber der steht ja nicht mehr hoch in der Genossengunst.

Über Zuwachs freut sich die AfD, wobei sie von einem gewissen Wählerreservoir der Unzufriedenen profitiert, das vor allem im Osten der Republik immer bereit ist, neue Formen des Protestes auszuprobieren. Dass hier ein bürgerliches Stimmenpotenzial heranwächst, das fähig wäre, sozusagen in der Nachfolge der FDP stabil und konstruktiv an der Seite der Union zu arbeiten - daran glaubt hoffentlich in der Union niemand.

Obwohl es ja tatsächlich Stimmen gibt, die eine Kooperation mit den Euroskeptikern zumindest als Option offen lassen wollen. Das mag sich erledigen, wenn sich erst mal zeigen wird, welch disparate Geister sich da zu neuen Fraktionen formen werden, nicht nur in Sachsen, sondern demnächst wohl auch in Brandenburg und Thüringen.

Und der Rest? Die FDP ist noch nicht endgültig am Ende, die NPD leider auch nicht. Entscheidend werden für die Freidemokraten die Wahlen 2016 in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sein. Allerdings würde im kommenden Frühjahr ein Scheitern in Hamburg ein ganz böses Omen bedeuten, denn in der Hansestadt ist liberaler Geist zweifellos vorhanden.

Ob er sich noch zur FDP bekennt, wird die spannende Frage sein. Die NPD ist auch noch nicht am Ende, hat aber doch die eigenen Erwartungen nicht erfüllt. Was auch daran liegt, dass sich viele Proteststimmen bei der AfD eingefunden haben. Was einen Hinweis darauf gibt, mit wem man es bei dieser angeblichen "Alternative" tatsächlich zu tun hat.

Und die Grünen müssen den Wählern nach dem irritierenden Bundestagswahlkampf 2013 wohl erst wieder klarmachen, wofür sie stehen. Das aber kann nicht auf Landesebene geleistet werden.

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