Kommentar Liga verliert einen Typen

Wenn Wolfgang Holzhäuser geht, verliert die Liga einen streitbaren Geist. Einen Ideengeber, einen Charakterkopf. Dass er bereits im Herbst als Big Boss des Fußball-Erstligisten Bayer Leverkusen aufhört, kommt überraschend früh.

Der "Holzi", wie er im Bannkreis des Bayer-Kreuzes genannt wird, ist mit zunehmender Altersmilde und der damit einher gehenden Gelassenheit zuletzt immer öfter auf dem Grat zwischen Genie und Wahnsinn gewandelt. Und damit häufig auch angeeckt.

Etwa, als der 63-Jährige den Kollegen in den Chefetagen der übrigen Bundesligaclubs vorschlug, einen Teil der zusätzlich erwirtschafteten Fernsehgelder in den Anti-Doping-Kampf zu investieren. Oder, als er die Mehreinnahmen anderen Sportarten zukommen lassen wollte. Da zeigte sich der sonst hart kalkulierende Kaufmann als herzgesteuerter Gutmensch.

Einen Abschied könne er sich schon vorstellen, vielleicht nach der Saison 2013/14, hatte Holzhäuser kürzlich im GA-Interview erklärt. Dass er jetzt aus völlig eigenem Antrieb so früh die Segel streicht, ist schwer vorstellbar. Fest steht, dass er sich mit Werner Wenning, dem früheren Vorstandsvorsitzenden der Bayer AG, besser verstanden hat als mit dessen Nachfolger Marijn Dekkers.

Mit dem Niederländer soll Bayers Fußball-Chef nicht auf einer Wellenlänge liegen. Aber "Holzi" funkte ohnehin oft auf einer ganz eigenen Frequenz - nicht kontrollierbar für die Bayer AG. Vielleicht deshalb schickte der Mutter-Konzern jetzt den ehemaligen Journalisten Michael Schade zur Fußball-Tochter. Eine Verjüngungskur jedenfalls sieht anders aus: Schade ist nur drei Jahre jünger als Holzhäuser.

Die Liga verliert im Herbst ein markantes Gesicht, das bärbeißiger wirkt als der Mensch dahinter wirklich ist. Einen Typen, wie es ihn auf Boss-Ebene in der Bundesliga selten gibt.

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