Kommentar Lobbyismus in Brüssel - Mehr Transparenz
Sie tagen mit dem Sektglas in der Hand, verpflichten (ehemalige) Abgeordnete, frühere EU-Botschafter sowie Ex-Kommissare und lenken die Gesetzgebung weitaus mehr als jeder aktive Staats- oder Regierungschef.
Dieses Vorurteil über Lobbyisten hält sich hartnäckig, weil es eben nicht nur unrichtig ist. Dabei wäre eine praxisnahe, realisierbare Abfassung von Richtlinien oder Verordnungen ohne Sachverstand von außen nicht denkbar.
Solange aus Einfluss keine Manipulation wird. Nicht einmal die durchaus interessante Arbeit derer, die durch Text-Exegese Parallelen zwischen Gesetzesvorlagen und Stellungnahmen der Interessenvertreter oder Bürgerrechtler aufdecken, kann für sich genommen Anrüchiges enttarnen.
Denn ein sinnvolles Argument braucht man nicht zwei Mal erfinden. Ein gesundes politisches System aber muss über jeden Verdacht erhaben sein, dass aus der Vertretung von Interessen interessengeleitete Beeinflussung wird. Der Schlüssel dazu heißt Transparenz - so weit wie möglich, so vertrauenserweckend wie nötig. Wer gegen dieses Prinzip verstößt, darf sich nicht wundern, wenn der Bürger sich von der Politik abwendet.
Die europäischen Institutionen stehen unter besonderer Beobachtung, gerade weil sie fast 80 Prozent der nationalen Gesetzgebung beeinflussen. Weil sie einen Binnenmarkt für über 500 Millionen Verbraucher regeln, für die es - wie bei der anstehenden Reform des Datenschutzes - um nicht weniger als ihre verfassungsmäßig garantierte Freiheit und Selbstbestimmung geht.