Millenniums-Gipfel in New York: Ernüchternde Bilanz

Wenn in diesen Tagen in New York die Staats- und Regierungschefs dieser Welt zusammenkommen, um über den Stand der so genannten Millenniumsziele zu beraten, dann muss die Bilanz ernüchternd ausfallen. Im Jahr 2000 hatten sie unter anderem beschlossen, den Anteil der Armen und Hungernden in der Welt bis 2015 zu halbieren.

Wenn in diesen Tagen in New York die Staats- und Regierungschefs dieser Welt zusammenkommen, um über den Stand der so genannten Millenniumsziele zu beraten, dann muss die Bilanz ernüchternd ausfallen. Im Jahr 2000 hatten sie unter anderem beschlossen, den Anteil der Armen und Hungernden in der Welt bis 2015 zu halbieren. Doch fünf Jahre vor Ablauf der Frist steht fest: Die wenigsten der insgesamt acht Ziele werden erreicht werden.

Das ist bitter, geht es doch um unser aller Zukunft: Eine Welt, in der Millionen von Menschen zu einem Leben in Armut und ohne Bildung verdammt sind, in der die Umwelt weiter zerstört wird und die Bevölkerung unkontrolliert wächst, ist eine unsichere Welt. Und es ist ein schwacher Trost, dass es auf einzelnen Feldern tatsächlich Fortschritte gibt: So sank in diesem Jahr die Zahl der Hungernden von gut einer Milliarde auf 925 Millionen Menschen.

Doch von einem stabilen Trend kann keine Rede sein: Diese Entwicklung ist nicht Folge einer klugen Politik und einer gezielten Entwicklung von Landwirtschaft und ländlicher Entwicklung - also von strukturellen Veränderungen. Gute Ernten und vor allem gesunkene Lebensmittelpreise sind die Ursache, und schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Preise wieder steigen werden. Was dies bedeutet, hat die Nahrungsmittelkrise des Jahres 2008 gezeigt. Dass trotz dieser höchst unsicheren Fortschritte noch immer alle sechs Sekunden ein Kind an den Folgen von Unterernährung und Hunger stirbt, ist schlichtweg ein Skandal.

Schon im Vorfeld des New Yorker Gipfels war viel von der Eigenverantwortung der armen Länder die Rede. Natürlich ist es richtig: Gute Regierungsführung, eine Politik, die Entwicklung und Förderung der breiten Mehrheit der Bevölkerung in den Mittelpunkt stellt und nicht den Ausbau von Privilegien und Reichtümern der städtischen Oberschicht, das ist die entscheidende Voraussetzung für Erfolge im Kampf gegen die Armut und für das Erreichen der Millenniumsziele.

Moderne Entwicklungszusammenarbeit muss dies noch stärker als schon bisher in ihre Strategien mit einbeziehen. Aber das entbindet die reichen Länder nicht davon, ihre Verpflichtungen zu erfüllen - auch in Zeiten der Finanzkrise.

Deutschland geht da leider nicht mit gutem Beispiel voran. Vom Ziel, bis 2015 die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu steigern, sind wir wie die meisten anderen Industriestaaten meilenweit entfernt. Für die nächsten Jahre sind sogar Kürzungen des Entwicklungsetats eingeplant. Entwicklungsminister Dirk Niebel verweist - wie übrigens auch seine Amtsvorgängerin Heidemarie Wieczorek-Zeul - nebulös auf "innovative Finanzinstrumente", mit denen die Lücken gestopft werden sollen.

Solange er nicht konkret sagt, wo die laut Angaben von Nichtregierungsorganisationen fehlenden zwei Milliarden Euro jährlich herkommen sollen, bleibt das Bekenntnis der Bundesregierung zum 0,7-Prozent-Ziel ein reines Lippenbekenntnis.

Für das Vertrauen zwischen reichen und armen Ländern ist das fatal. Bei der Bewältigung der großen Probleme dieser Welt - von den Millenniumszielen bis zum Klimawandel - sind Industrie- und Entwicklungsländer auf Zusammenarbeit angewiesen. Immer nur mit dem Finger auf andere zu zeigen, ist wenig hilfreich.

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