Kommentar zur Bürgermeisterwahl in Istanbul Neue Ära bricht an

Meinung | Istanbul · Bei der Neuwahl für das Oberbürgermeisteramt in Istanbul haben sich die Wähler für den Oppositionspolitiker Imamoglu entschieden, der den Konsens und das Miteinander betont. Diese Botschaft vom Bosporus wird Folgen für die Politik in der ganzen Türkei haben.

 Sieger gegen Erdogans Kandidat: Ekrem Imamoglu mit seiner Frau Dilek.

Sieger gegen Erdogans Kandidat: Ekrem Imamoglu mit seiner Frau Dilek.

Foto: AP

Erdogan hat die Politik über Jahre dominiert und vielen Türken einen neuen Wohlstand ermöglicht. Doch jetzt laufen ihm die Wähler davon. Ein wichtiger Grund dafür ist sein Präsidialsystem, das vor einem Jahr in Kraft trat und das alle Macht in seinen Händen vereinigt. Erdogan versprach den Türken, das neue System werde mehr Dynamik, mehr Wohlstand und mehr Demokratie bringen. Stattdessen steht es für viele Türken für Stillstand, Korruption und Wirtschaftskrise. Sie lehnen dieses System ab und wollen Gegengewichte zum übermächtigen Präsidenten schaffen: Das ist eine wichtige Botschaft der Oppositionssiege bei den Kommunalwahlen im März und an diesem Sonntag in Istanbul.

Zu ihrer Überraschung muss die türkische Regierung feststellen, dass die Wähler viel Wert auf europäische Demokratie-Normen wie Rechtsstaat und Gewaltenteilung legen: Das Land eignet sich nicht als orientalische Despotie.

Nach der Istanbuler Wahl bricht eine neue Ära an. Erdogan ist politisch angezählt, in seiner AKP wächst der Unmut, Berichte über bevorstehende Abspaltungen von der Partei mehren sich. Selbst wenn es keine vorgezogenen Neuwahlen geben sollte, braucht Erdogan in den vier Jahren bis zu den nächsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen neue, positive Botschaften, wenn er über 2023 hinaus im Amt bleiben will. Derzeit ist davon nichts zu sehen.

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