Kommentar Neue Krawalle in Ägypten - Keine Aufklärung
Die Urteile im schlimmsten Fußball-Krawall des letzten Jahrzehnts sind gefällt. 74 Menschen waren bei Auseinandersetzungen bei einem Spiel zwischen dem ägyptischen Port Said und dem Kairoer Al-Ahli-Club letzten Februar ums Leben gekommen. Wurden 26 der Port-Said-Fans jetzt zu Tode verurteilt, fielen die Urteile gegen die angeklagten Polizisten milder aus. Die meisten erhielten sogar Freispruch.
Und das, obwohl die Umstände der Krawalle bis heute im Dunkeln liegen. Denn hier geht es nicht nur um eine blutige Rivalität zwischen zwei ägyptischen Fußballclubs. Der Fall hat durchaus auch eine politische Komponente. Die ägyptischen Sicherheitskräfte, die seit dem Sturz Mubaraks nicht reformiert worden sind, haben viele offene Rechnungen mit den Ultra-Fans des Kairoer Ahli-Clubs, die während des Aufstandes gegen Mubarak in den Straßenschlachten mit der Polizei immer in vorderster Front standen.
Die mit Abstand meisten Toten der Krawalle stammen wahrscheinlich nicht zufällig aus den Reihen des Ultras. So gibt es deutliche Hinweise, dass die Sicherheitskräfte bestenfalls weggesehen, schlimmstenfalls die Krawalle aktiv geschürt haben. Wer hier Aufklärung erwartet hatte, der wurde von dem Gerichtsverfahren enttäuscht.
Und für Ruhe sorgt das Urteil sicher auch nicht. Die Port-Said-Fans sehen sich als zum Tode verurteilte Bauernopfer, die Ahli-Fans glauben ihre Toten nicht gesühnt. Das Spiel hat viel verbrannte Erde hinterlassen, zwischen Kairo und Port Said und zwischen den Städten und dem ägyptischen Staat.