Neue Wege im Gesundheitswesen: Ärzte aufs Land

Wenn es eine Konstante im Gesundheitswesen gibt, dann die der fortlaufenden Reformen. Längst geht es nicht mehr um Geld allein, also um die Frage, wie viel die Versorgung von Kranken und die gesundheitliche Vorsorge kosten sollen und dürfen.

Die medizinische Versorgung insgesamt befindet sich im Umbruch, mit drohendem Ärztemangel auf dem Land und Überversorgung in der Stadt, manchmal auch nur in bestimmten Stadtteilen. Eine älter werdende Gesellschaft braucht eigentlich mehr Ärzte, doch viele junge Menschen finden den Beruf immer weniger attraktiv - ob als Niedergelassener in der eigenen Praxis oder im Krankenhaus.

Schaut man sich das Milliardenpolster der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im vergangenen Jahr an, sollte man meinen, das Problem ließe sich einfach mit mehr Geld lösen. Die Überschüsse werden aber nicht von Dauer sein. Sie sind einer Bundesregierung zu verdanken, die mit Blick auf die Bundestagswahl 2013 lieber den Krankenbeitragssatz erhöht hat, um fürs Erste weitere Zusatzbeiträge zu verhindern.

Diejenigen Kassen, die sie schon heute erheben müssen, geraten dabei immer stärker unter Druck. Weitere Kassenschließungen und Fusionen sind deshalb programmiert.

Es gibt also einen enormen Kostendruck, und gerade die Krankenhäuser bekommen ihn zu spüren. Wo es zu viele Betten gab, sind sie in den vergangenen 20 Jahren schon deutlich abgebaut worden. Trotzdem hat Deutschland weiterhin eine Krankenhausbettendichte, die weltweit nur von Japan überboten wird. In den USA oder den Niederlanden ist sie nur halb so hoch.

Der Ruf nach Einsparungen bei den Kliniken ist daher verlockend. Mehr als ein Drittel der GKV-Ausgaben - rund 60 Milliarden Euro - entfallen auf die Krankenhausbehandlung. Nun sind aber die Kliniken in ländlichen Gegenden mit zu wenigen Ärzten erste Anlaufstelle für Patienten, für die der nächste Hausarzt viel zu weit entfernt liegt. Insofern kommt das Versorgungsstrukturgesetz, das jetzt in Kraft getreten ist, gerade recht.

Es soll die starren Trennlinien zwischen ambulanter und stationärer Versorgung weiter aufbrechen. Das strebt der Gesetzgeber zwar schon seit vielen Jahren an, bisher haben Kliniken und niedergelassene Ärzte ihre Zuständigkeiten aber mit Zähnen und Klauen eifersüchtig verteidigt.

Schwarz-Gelb setzt darauf, keine Mehrausgaben zu produzieren, obwohl das Gesetz - durchaus sinnvolle - finanzielle Anreize für Mediziner setzt, auf dem Land tätig zu werden. So hofft die Regierung, dass an anderer Stelle Überkapazitäten abgebaut werden. Bei allem Optimismus: Da auch die Länder bei der ärztlichen Bedarfsplanung neuerdings mitmischen dürfen, wird es eher darauf hinauslaufen, dass am Ende mehr Geld in die Versorgung fließt. Das lehrt schlicht die Erfahrung.

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