Kommentar zum Kohle-Kompromiss Nicht nur abwickeln

Meinung | Bonn · Der Weg zum Ende der Kohleverstromung in Deutschland ist in Sicht. Die Kohleländer bekommen Strukturhilfen, die Energiekonzerne Entschädigungen für stillgelegte Kraftwerke. Für das Rheinland ist das eine historische Weichenstellung, kommentiert Raimund Neuß.

   Der Weg zum Ende der Kohleverstromung in Deutschland ist in Sicht.

Der Weg zum Ende der Kohleverstromung in Deutschland ist in Sicht.

Foto: dpa/Oliver Berg

Alle Achtung: Die Energiekonzerne, unterstützt von Ministerpräsidenten und Gewerkschaften, haben ihre Haut teuer verkauft. Deutlich über vier Milliarden Euro zahlt der Bund für die Stilllegung der deutschen Kohlekraftwerke, 700 Millionen gibt es allein für Arbeitnehmer im Westen als „Anpassungsgeld“.

Dabei wäre jedenfalls im Rheinischen Braunkohlerevier spätestens 2045 ohnehin Schluss gewesen: Auch ohne Klimaschutzdiskussion wären die bestehenden Tagebaue dann ausgekohlt. Jetzt wird dieses Abbauende um sieben, vielleicht auch um zehn Jahre vorgezogen.

Für das Rheinland ist das trotzdem eine historische Weichenstellung. Einfach, weil Kommunen und Konzerne jetzt endlich gezwungen sind, sich dem Unvermeidbaren zu stellen: Aufschieben gilt nicht mehr. Die Entscheidung des Bundes, ein Kompetenzzentrum zur Wasserstofftechnik in Jülich anzusiedeln, gibt hier einen wichtigen Anstoß. Mehr solche Initiativen wären nötig, und neben Spitzenforschung geht es auch um Raumplanung und Infrastruktur.

Von Jülich abgesehen gibt es leider bisher wenig konkrete Zusagen für solche zukunftsweisenden Aufwendungen. Wichtiger scheinen das Symbolthema Hambacher Forst und die Entschädigungszahlungen. Da muss man schon fragen, ob Konzerne, Gewerkschaften und Landesregierungen nicht im Begriff sind, die historische Chance zu verspielen, die vor ihnen liegt. Jedem betroffenen Arbeitnehmer sein Geld gegönnt, aber wir sprechen im Rheinischen Revier doch von Spezialisten, deren Fähigkeiten auch andernorts gebraucht würden.

Da sollte doch nicht die sozialverträgliche Abwicklung von Jobs im Vordergrund stehen, sondern die Nutzung des intellektuellen, wirtschaftlichen und technischen Potenzials, das im Revier aufgebaut worden ist. 

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