Kommentar zur Lage im Iran Nicht zu früh freuen

Meinung · Amerikanische Diplomaten und Politiker wollen die Unruhen im Iran unterstützen, um dem Mullah-Regime zu schaden. Am wahrscheinlichsten ist, dass das Regime auch diesmal die Oberhand behält. Die USA sollten sich deshalb nicht zu früh freuen, kommentiert Thomas Seibert.

 Richard Grenell, Botschafter der Vereinigten Staaten in Deutschland.

Richard Grenell, Botschafter der Vereinigten Staaten in Deutschland.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Eine leidgeprüfte Bevölkerung erhebt sich gegen ein Regime, das die Grundbedürfnisse der Bürger immer weniger gut befriedigen kann – und die Staatsgewalt reagiert mit Härte und einer landesweiten Abschaltung des Internets. Die Unruhen im Iran gleichen in vielen Aspekten jenen Protestwellen, die derzeit auch durch den Irak und durch Libanon rollen.

Wie den Demonstranten in ihrer regionalen Nachbarschaft geht es auch den Iranern um eine Verbesserung ihrer Lebensumstände und um Protest gegen Regierende, die immer nur den Normalbürgern in die Tasche greifen. Im Libanon entzündeten sich die Demonstrationen an einer geplanten Steuer für den Kommunikationsdienst WhatsApp – im Iran war es eine drastische Erhöhung der Spritpreise.

Ob sich daraus eine Revolte gegen das bestehende System entwickelt, steht aber auf einem anderen Blatt. Der Iran hat seit den Massenprotesten gegen Wahlmanipulationen im Jahr 2009 schon mehrere schwere Protestwellen erlebt, ohne dass die Islamische Republik ins Wanken geraten wäre. Am wahrscheinlichsten ist, dass das Regime auch diesmal die Oberhand behält.

 Die USA sollten sich deshalb nicht zu früh freuen. Ihr öffentliches Engagement für die iranischen Demonstranten ist ohnehin nicht glaubwürdig. Wenn Amerika wirklich so viel am Wohl iranischer Bürger läge, würde Washington den Iran wohl kaum mit Sanktionen bestrafen, die vor allem die kleinen Leute treffen. Und wenn es den USA um demokratische Werte und Menschenrechte ginge, würde die Supermacht wohl kaum einem undemokratischen Regime wie dem in Saudi-Arabien alles verzeihen. Wenn sich US-Politiker jetzt als Unterstützer iranischer Demonstranten aufspielen, wirkt das vor allem zynisch.

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