Kommentar zu Karstadt und Kaufhof Noch kein Konzept

Meinung | Bonn · Der Einzelhandel in Bonn ändert sich gravierend. Karstadt schließt, Knauber wird Bauhaus, der Puppenkönig ist weg und Bouvier ist ohnehin längst Geschichte. Wer die Innenstädte lebendig halten will, braucht ein neues Gesamtkonzept, kommentiert unsere Autorin.

 Die Bonner Kaufhof-Filiale bleibt geöffnet. Karstadt soll hingegen schließen.

Die Bonner Kaufhof-Filiale bleibt geöffnet. Karstadt soll hingegen schließen.

Foto: Benjamin Westhoff

Karstadt schließt, Knauber wird Bauhaus, Puppenkönig ist weg und Bouvier ohnehin längst Geschichte – viele Bonner bedauern die gravierenden Veränderungen im Einzelhandel. Die eigentlichen Leidtragenden sind jedoch die Beschäftigten. Bei Karstadt in Bonn arbeiten viele langjährige Mitarbeiter, für die ein beruflicher Neustart mitten in der Corona-Krise nicht einfach wird. Bonn galt immer als einer der besseren Standorte der Kette. Das endgültige Aus kam für viele der Beschäftigten  überraschend, nachdem bei der Fusion von Karstadt und Kaufhof vor rund zwei Jahren noch Optimismus für den Doppelstandort verbreitet wurde.

Doch auch der neue Eigentümer, Immobilieninvestor René Benko und seine Signa-Holding, konnten das Ruder für den Konzern nicht mehr herumreißen. Die dramatischen Einbußen durch die Corona-Pandemie haben einen Prozess beschleunigt, der schon Jahre vorher in die falsche Richtung führte.

Die deutschen Warenhaus-Giganten haben noch kein Konzept gefunden, sich gegen die Konkurrenz im Netz zu stemmen. Ihr Onlinehandel kam zu spät und war nur halbherzig. Und  während Traditionshäuser im Ausland wie Harrods in Großbritannien oder Galerie Lafayette in Frankreich sich mit exklusiven Angeboten als Erlebnis für die Kunden positionieren, wirken die deutschen Kaufhäuser meist wenig aufregend – Erledigung statt Erlebnis: Das reicht heute nicht mehr. Es bleibt zu hoffen, dass der verkleinerten Kaufhof-Karstadt-Gruppe die Trendwende gelingt. Einfach wird es für sie nicht. Trotz Mehrwertsteuersenkung und Konjunkturpaket wollen viele Bürger jetzt sparen. Die Sorge um Gesundheit und Arbeitsplätze macht vorsichtig.

Bonn steht in dieser Situation noch vergleichsweise gut da. Die Kaufkraft ist höher als anderswo, ein langfristiger Leerstand der Karstadt-Immobilie unwahrscheinlich. Trotzdem muss  auch Bonn auf die wachsenden Probleme des stationären Einzelhandels reagieren. Die Innenstädte werden sich mit dem weiteren Strukturwandel verändern. Der Einkaufsbummel in der City ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Wer die Innenstädte lebendig halten will, braucht ein Gesamtkonzept mit Veranstaltungen, Gastronomie, Einzelhandel und ganz neuen Ideen. Auch die Immobilienbesitzer stehen dabei in der Verantwortung. Ein attraktiver Mix in der Innenstadt kann nur entstehen, wenn nicht jedes Ladenlokal zum Maximalpreis an wechselnde Handyketten vermietet wird.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Von GA-Redakteur
Philipp Königs
zur Klimaplan-Bilanz
Erfolg bemisst sich an Taten
Kommentar zur Bonner Klimaplan-BilanzErfolg bemisst sich an Taten
Lauterbachs Gesetz führt zu Chaos
Kommentar zu den Folgen der Cannabis-Legalisierung Lauterbachs Gesetz führt zu Chaos
Zum Thema
Aus dem Ressort
Ritual der Not
Kommentar zu den weltweiten Flüchtlingszahlen Ritual der Not