Noch'n Schnäppchen

In seinen besten Momenten ist Fußball Kunst. Hohe Kunst. Wenn Netzer aus der Tiefe des Raumes kam, Maradona zum Solo ansetzte oder Özil heute den Ball durch zwei Gassen spielt, die es eigentlich nicht gibt, wurde und wird Einzigartiges geschaffen. Man möchte sich solche Szenen einrahmen, um sie wie ein Bild immer wieder bestaunen zu können. Und tatsächlich nähern sich Kunst- und Transfermarkt immer mehr an.

Superreiche Privatpersonen hängen sich einen Picasso in den atombombensicheren Keller, superreiche Premier-League-Clubs stellen sich Profis auf den von der Öffentlichkeit abgeschirmten Trainingsplatz. Einfach nur, damit sie da sind. Bei Bildern mag das noch einen gewissen Sinn ergeben, bei Fußballern dagegen nicht. Viele Profis, die von den englischen Vereinen gekauft wurden und noch gekauft werden, dürften ihr Dasein auf der Ersatzbank oder der Tribüne fristen. Es können gar nicht alle spielen.

Der vergangene Sommer war nur der Anfang. Was passiert, wenn ab diesem Sommer der neue TV-Vertrag in England greift und die Clubs für drei Jahre mit insgesamt 6,9 Milliarden Euro vom Fernsehen zugeschüttet werden, davon bekommt man derzeit eine Ahnung.

Ein Angebot über 57 Millionen für Pierre-Emerick Aubameyang - das ist diskutabel. Aber 55 Millionen für Leroy Sané - das ist noch weit absurder als der angebliche Wert eines Sonnenblumen-Bildes, das einst ein wirrer Holländer malte. Sané hat etwas Besonderes, das ihn durchaus zu einem Versprechen macht. Aber mit 19 Jahren und nach 31 Bundesligaspielen geht er allenfalls als Ausnahmetalent durch.

Übrigens, als Cristiano Ronaldo 2009 für 94 Millionen Euro von Manchester United zu Real Madrid wechselte, schüttelte die Fußballwelt den Kopf. Mit ein wenig Abstand betrachtet, war der extrovertierte Portugiese jedoch - ein Schnäppchen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Rahmen vorgeben, Bürger machen lassen
Kommentar zur steigenden Zahl an Balkonkraftwerken Rahmen vorgeben, Bürger machen lassen
Die Zeichen stehen auf Sturm
Kommentar zum Zustand der Ampel-Koalition Die Zeichen stehen auf Sturm
Zum Thema
Die Organisation Attac verlor ihren steuerbefreiten
Mehr Offenheit gewünscht
Kommentar zum GemeinnützigkeitsrechtMehr Offenheit gewünscht
Das richtige Signal
Kommentar zur Niederlage für NRW-Ministerin Ina Scharrenbach Das richtige Signal
Es kommt auf die Eltern an
Kommentar zum Urteil des Verfassungsgerichts Es kommt auf die Eltern an
Aus dem Ressort
Hilflos
Übergriffe am Kölner Hauptbahnhof Hilflos