Kommentar Nordrhein-Westfalen - Schwieriger Spagat

In einem Zeitungsinterview betonte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) jüngst, dass sie mit CDU-Landes- und Fraktionschef Armin Laschet bei den Berliner Koalitionsverhandlungen in der AG Energie gut zusammengearbeitet hätte.

Warum das eine Erwähnung wert ist? Auf der einen Seite sind sie im Bund Partner und werden als stellvertretende Parteivorsitzende quasi immer einbezogen. In Nordrhein-Westfalen aber müssen sie die Rollen als Regierung und Opposition spielen.

Für beide wird es sicher schwierig, diesen Spagat durchzuhalten: einerseits Kompromisse zu suchen, andererseits auch unterscheidbar zu bleiben. Zumal beide bei der Landtagswahl 2017 die Spitzenkandidaten ihrer Parteien sein werden. Es sei denn der Ministerpräsidentin wird die Gauck-Nachfolge angedient, aber das ist ein anderes Thema.

Wie Kraft und Laschet ihre unterschiedlichen Rollen hier wie dort spielen, wird sich 2014 vielfach zeigen. Denn an Baustellen mangelt es nicht. Etwa die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes: Dass die Grünen als Partner in NRW all das gut finden werden, was SPD und Union im Bund wollen, ist nicht zu erwarten. Selbst wenn Kraft und ihre Vize Sylvia Löhrmann gestern von möglichen Belastungsproben aufgrund der verschiedenen Konstellationen in Berlin und Düsseldorf nichts wissen wollten, in der Energiepolitik könnte es zu der einen oder anderen kommen.

Im Land wird es 2014 für Rot-Grün ziemlich unruhig werden. Die Beamten werden genauso wenig locker lassen in ihrem Protest gegen die Sparaktion der Landesregierung wie die Hochschulen, die gegen den Entwurf des Hochschulzukunftsgesetzes mobil machen. Auch die Kommunen werden nicht hinnehmen, dass jene, die gut gewirtschaftet haben, eine Zwangsabgabe zahlen sollen. Zudem erhalten die Eltern von behinderten Kindern das Recht auf einen Schulbesuch gemeinsam mit Nichtbehinderten. Das ist nicht ohne zusätzliche Kosten zu machen. Das Land will aber nicht zahlen - der nächste Streitpunkt mit den Kommunen.

Für die Opposition viele gute Themen, um sich zu profilieren. Sollte die CDU Kraft nur mit Samthandschuhen anfassen wollen, einer steht gewiss bereit, um Angriffe zu setzen: FDP-Fraktionschef Christian Lindner. Mangels anderer politischer Bühnen ist für ihn der Düsseldorfer Landtag die einzige größere, auf der die Liberalen noch spielen dürfen.

Im Vorfeld der Kommunal- und Europawahlen am 25. Mai wird sich zeigen, in welche Richtung es in NRW geht. An harten Auseinandersetzungen wie in früheren Jahrzehnten sind die Wähler heute nicht mehr interessiert, dennoch kann ein bisschen Pfeffer nicht schaden. Ein müder Wahlkampf dürfte die Bürger schließlich auch vom Gang an die Urne abhalten. Zu viel Konsens ist Kraft und Laschet nicht zu empfehlen.

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