Kommentar zum NS-Prozess Was das Urteil gegen die KZ-Sekretärin für die Gegenwart bedeutet

Meinung | Düsseldorf · Das Landgericht Itzehoe hat eine frühere KZ-Sekretärin schuldig gesprochen – wegen Beihilfe zum Mord in mehr als 10.000 Fällen. Der Prozess gegen die greise Frau wirft Fragen auf. Etwa, ob solche Prozesse angemessen sind. Und was das Urteil für die Gegenwart bedeutet.

Die Angeklagte Irmgard F. wird zu Beginn des Prozess vor dem Landgericht Itzehoe in den Sitzungssaal gebracht.

Die Angeklagte Irmgard F. wird zu Beginn des Prozess vor dem Landgericht Itzehoe in den Sitzungssaal gebracht.

Foto: dpa/Christian Charisius

Wer an einem Ort der grausamen Ermordung von Menschen als Bürokraft mithilft, dass die Verbrechen reibungslos exekutiert werden, macht sich der Beihilfe schuldig. Das hat das Landgericht Itzehoe heute festgehalten, und die angeklagte Irmgard F., ehemalige Sekretärin im NS-Konzentrationslager Stutthof, zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Die Frau ist inzwischen 97 Jahre alt. Das Urteil dient also nicht mehr zuerst dazu, eine Schuld zu vergelten oder die Täterin zur Einsicht zu bringen. Es ging in diesem Prozess vielmehr um die Frage, ob eine 18-Jährige Stenotypistin persönliche Mitschuld an Mord in mehr als 10.000 Fällen trägt. Oder ob eine noch sehr junge Frau sich darauf zurückziehen kann, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein.