Kommentar Obama in Polen - Wiedergutmachung

Es gibt wenige Länder in Europa, die Barack Obama binnen drei Jahren freiwillig zweimal besucht. Polen steht dieses Privileg aus amerikanischer Sicht zu, weil Warschau in Washington als überaus treuer Bündnispartner gilt - ganz gleich, wer gerade regiert.

Polen half den USA unter Bush im Irak-Krieg. Polen ließ die CIA geheime Gefängnisse unterhalten, in denen nach dem 11. September 2001 Terrorverdächtige interniert und mutmaßlich gefoltert wurden. Polen diente sich als Standort für jenen Nato-Raketenschild gegen Russland an, den ausgerechnet Obama kurz vor der Realisierung einmotten ließ.

Polen ist innerhalb der EU der wohl entschiedenste Anwalt einer prowestlichen Orientierung der Ukraine und - auch aus historisch begründeter Furcht - der energischste Befürworter einer unmissverständlichen Antwort auf die russischen Expansionsbestrebungen in Osteuropa.

So einen Partner vergrätzt man nicht ohne Not (siehe Raketenschild) noch einmal. Mit seiner eine Milliarde Dollar schweren "Sicherheitsinitiative" hat der US-Präsident gestern in Warschau darum ein wenig Wiedergutmachung geleistet. An der Ostflanke der Nato tut sich was. Mit welchen Konsequenzen, das ist offen.

Mehr US- und Nato-Truppen im Baltikum und angrenzenden Staaten werden Moskau zu spiegelverkehrten Maßnahmen einladen. Obamas Appell an die übrigen Nato-Mitglieder in der EU, endlich ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen, birgt das Risiko eines neuen Wettrüstens. Ob das der Sicherheit Polens und Europas wirklich zuträglich ist?

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