Kommentar Öffentlich-rechtliches Fernsehen - Unter Druck

Das Jahr fing schon schlecht an - für ARD und ZDF. Mit der Einführung der neuen Fernsehgebühr, die jetzt jeden Haushalt trifft, ob er das Angebot nutzt oder nicht, und Züge einer TV-Steuer hat, gerieten die Sender massiv unter Druck und in die Defensive.

An zwei Fronten mussten sich die Verantwortlichen verteidigen. Problemfeld eins: Ist eine Pauschalabgabe, wie sie jetzt flächendeckend eingeführt und perfektioniert wurde, überhaupt rechtmäßig? Das werden Gerichte entscheiden. Einige Härten haben die Sender bereits korrigiert.

Ohnehin war die Aufregung in der Sache übertrieben: Für mehr als 90 Prozent der Rundfunknutzer hat sich ja mit der Novelle gar nichts geändert. Nur haben sie sich plötzlich wieder daran erinnert, dass sie Monat für Monat per Dauerauftrag für etwas zahlen, was sie vielleicht gar nicht mehr brauchen, nutzen, geschweige denn goutieren.

Und hier sind wir bei Problemfeld zwei, das bedeutend brisanter ist. Denn das öffentlich-rechtliche System muss sich zunehmend vor seinen Gebührenzahlern legitimieren. Die wollen mitreden, darüber informiert werden, was die Sendeanstalten mit 7,5 Milliarden Euro pro Jahr anstellen, sehen, wie viel davon spürbar wieder beim Verbraucher ankommt.

Wo liegt der Mehrwert gegenüber den Privatsendern, die sich allein über Werbung finanzieren? Wie ist es um die Wahrnehmung des Bildungs- und Informationsauftrags bestellt, der eigentlich das Gebührenprivileg der Öffentlich-Rechtlichen rechtfertigen sollte?

Das Gebühren zahlende Volk stellt mehr Fragen denn je, moniert etwa, dass zu viel Wintersport gezeigt wird, man eher auf kostengünstige Polit-Talkshows setzt denn auf aufwendig produzierte Reportage-Formate. Astronomische Summen für Übertragungsrechte von Champions League und Olympischen Spielen, eine Quasi-Querfinanzierung der Bundesliga durch Fernsehgebühren liegen manchem TV-Nutzer ähnlich schwer im Magen wie die Sonderverträge, die die Firmen von Günther Jauch und Co. mit den Sendern geschlossen haben.

ZDF-Intendant Thomas Bellut hat bereits eingeräumt, dass man mit der Transparenz im Sportübertragungsrechte-Poker und bei Spitzengagen für Prominente ein Problem habe. Wettbewerbstechnisch. Was Bellut und die übrigen TV-Granden noch ignorieren: Der Souverän, dem man Rechenschaft schuldet, ist das zahlende Fernsehvolk, das sich zu Recht aufregt.

Und trotzdem millionenfach einschaltet. Über allem Ärger sollte eines unbedingt nicht vergessen werden: Deutschland besitzt durch Presse und TV ein allseits beneidetes Meinungs- und Qualitätsspektrum. ARD und ZDF leisten dazu einen bedeutenden Beitrag. Und dass etliche Gebührenmillionen bestens angelegt sind, zeigt erneut die diesjährige Grimme-Preis-Auslese.

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