Kommentar Papst Franziskus und Robert Zollitsch - Von dieser Welt

Sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Der eine: ein Medienprofi, direkt und offen. Der andere: ein schüchterner Mensch, eher verlegen und vorsichtig. Und doch eint Papst Franziskus und den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, das Entscheidende: Sie sind - um es überspitzt zu formulieren - von dieser Welt. Sie wollen für diese Welt da sein, in ihr wirken.

Das unterscheidet sie grundlegend von dem vorherigen Papst: Benedikt XVI. war und blieb Wissenschaftler, er prägte die vielfach missverstandene Formel von der notwendigen Entweltlichung der Kirche. "Wir sind Papst", diese Jubelschlagzeile des deutschen Boulevards hat genau genommen nie gestimmt. Mit Benedikt XVI. verband viele deutsche Katholiken viel weniger, als es die gemeinsame Herkunft ahnen ließ.

Das hat zunächst einmal gar nicht politische Vorzeichen - die kommen hinzu. Zunächst einmal aber geht es schlicht um das Menschenbild der Kirchenführer. Franziskus und Zollitsch sind Vertreter einer frohen, zuweilen fröhlichen und dienenden Kirche. Priester, die nicht nur nahe bei den Menschen sein wollen (um diesen strapazierten Begriff zu benutzen), sondern es auch tatsächlich sind.

Davon geht eine Faszination aus, die der Papst zuletzt beim Weltjugendtag in Lateinamerika ausgelöst hat. Eine frohe Kirche, die eine frohe Botschaft verkündet, wirkt anziehend; eine traurige, entrückte Kirche bewirkt das Gegenteil: Sie weist die Menschen ab.

Drohungen, Mahnungen, Beharren auf kirchlichen Detailregungen und dabei den Blick für den Menschen verlierend - das ist weder die Sache des neuen Papstes noch des alten Vorsitzenden der deutschen Bischöfe.

Wenn er am Freitag 75 Jahre alt wird und deshalb den Papst um seine Entlassung bitten muss, wird er bezeichnenderweise gefeiert von einem Protestanten: von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Wer das für bedeutungslos hält, stelle sich Ähnliches nur mal beim anstehenden runden Geburtstag von Kardinal Meisner in Köln vor.

Der Kern des Medienprofis Franziskus und des medienscheuen Robert Zollitsch ist also dieses positive Zugehen auf die Menschen. In den Punkten, die die deutschen Katholiken für die wichtigsten Reformthemen halten, bedeutet das noch lange keine Bewegung.

Aber wer das ungemein positive Echo auf die Äußerungen des Papstes zur Homosexualität betrachtet, der weiß: Es macht eben doch der Ton die Musik. Allein wie Franziskus etwas sagt (und wie Zollitsch erleichtert und weithin hörbar aufatmet) bewirkt Veränderung.

Eine Veränderung, die die Kirche nicht aufgibt, sondern sie voranbringt, sie mit neuem Leben füllt. Zollitsch hatte die ungemein schwierige Aufgabe, in der Bischofskonferenz keine neuen Gräben aufzureißen, nicht zum Flügelmann zu werden (der er eigentlich wäre, wenn er könnte, wie er wollte). Der Vorsitzende war klug genug, sich aufs Moderieren zu beschränken und nur ab und zu dezent zu zeigen, dass er auch Motor sein kann.

Er hat damit die katholische Kirche zusammengehalten, hat sie durch Missbrauchsskandal und Affären im Vatikan gesteuert. Es ist ein Glücksfall, dass er den neuen Aufbruch im Vatikan noch im Amt erleben durfte. Das versöhnt ihn mit seiner, so wie viele Katholiken mit ihrer Kirche. Einen neuen Aufbruch wagen - das Katholikentagsmotto ist aktueller denn je.

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