Kommentar Parteien legen Rentenkonzepte vor - Auf die alten Tage

Bei der anhaltenden und wortgewaltigen Debatte, mit der die Zukunft der Altersversorgung planbarer werden soll, merkt man eins: Wie wenig politisches Selbstbewusstsein die Koalition aufweist.

Der Startschuss für eine längst überfällige Debatte zu Altersarmut und staatlichen Rentenzuschüssen gerät zu der intellektuell arg simplen Fragestellung, ob die Arbeitsministerin über den Umweg ihres Zusatzrenten-Konzeptes nicht eine große Koalition mit den Sozialdemokraten ansteuere.

Besonders aufgeregt sind die Freien Demokraten, die sich vom CDU-Partner an die sozialpolitische Wand gedrückt fühlen.

Nein, von der Leyen hat keinen Wendebrief wie einst Otto Graf Lambsdorff geschrieben, sondern einen Weckruf an alle gestartet, sich gegen Renten zu wenden, die aus einem Altersgeld-Empfänger einen Armenhaus-Bewohner machen.

Dass die SPD und auch die Grünen am Montag nachzogen und ein - von dem einen wesentlichen Detail der Steuerfinanzierung der Zuschussrente abgesehen - lange erwartetes eigenes Konzept der Öffentlichkeit vorstellten, mag mit der Mentalität der Initiatoren zusammenhängen: Ursula von der Leyen und Sigmar Gabriel sind Bauch-Politiker, die zum Vorpreschen neigen, was von der Leyen gerade beim CDU-Vorstand erhebliche Kritik einbrachte.

Der SPD-Chef wird noch seine Freude mit seinen innerparteilichen Kritikern haben, die die Rente mit 67 - zu ihr bekennt sich Gabriel in seinem Papier ausdrücklich - und die Senkung des Rentenstandards dringend begraben wollen.

Von der Leyen muss ihrerseits die Auseinandersetzung mit dem wirtschaftsnahen Flügel der CDU suchen, der beispielsweise nicht einsehen kann, dass der Staat einen Personenkreis, dessen Einkommen sich am unteren Niveau befinden, für das Alter erneut subventionieren soll.

Das klingt hart, ist aber formal berechtigt. Erschwerend kommt die Debatte um die Niedriglöhne hinzu. Jeder fünfte Arbeitnehmer ist zum Arbeiten im Niedriglohnsektor gezwungen. Das bedeutet sinkende Einnahmen. Auch für die Rentenkassen.

Richtig ist: Unterbezahlte Arbeit ist besser als gar keine Arbeit. Nur verkennt eine solche dogmatische Position, dass in der deutschen Gesellschaft sich die Anhänger von mehr sozialem Entgegenkommen und jene, die mehr soziales Gutmenschentum ablehnen, die Waage halten. Wenn man eine nachhaltige Rentenreform durchsetzen will, muss man diese politische Frage im Kopf behalten.

Einfach wird eine solche Mission nicht. Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, eine breite Mehrheit für eine umfassende Lösung bei der Rentenproblematik zu schaffen. Es ist - auch wenn noch Zeit bis zu dem Termin bleibt - ein Wahlkampfthema für 2013. 20 Millionen Deutsche sind Rentner. Der politische Umgang mit ihren Sorgen ist wahlentscheidend.

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