Kommentar Personal der Koalition: 5 : 6

Papier ist geduldig. Oder: 185 Seiten liest niemand, auch kein SPD-Mitglied, das nach Lektüre des Koalitionsvertrags entscheiden soll, ob es zustimmt. Was im übrigen auch deshalb eine Überforderung ist, weil es auf den besagten Seiten von Fachchinesisch nur so wimmelt. Oder wissen Sie, was ein "atmender Deckel" ist? Ich auch nicht.

Also: Politik wird von Menschen gemacht, und deshalb wird sich auch in dieser Koalition herausstellen, wie wichtig es ist, dass die richtigen Politiker an die richtigen Stellen kommen. Zunächst einmal hat die SPD dafür gesorgt, dass ein Großteil aus ihren Reihen kommt. Ein zu großer Teil. Die Not der Kanzlerin muss groß gewesen sein: Da fehlen ihr minimale Prozentpunkte zur absoluten Mehrheit und jetzt bekommt die SPD mehr Minister als die CDU, wenn man den Kanzleramtsminister nicht dazurechnet, der ja nicht viel mehr als ein besserer Staatssekretär ist. In der konkreten Besetzung jedenfalls.

Damals bei Horst Ehmke mag das anders gewesen sein. SPD 6, CDU 5. So sieht der grandiose Wahlsieg personalpolitisch aus. CDU 5, CSU 3. Das macht die Sache auch nicht besser. Apropos CSU. Horst Seehofer hat es am einfachsten. Er kann nach seinem Wahlerfolg einfach fordern, dass für die CSU alles bleibt, wie es ist. Statt Ilse Aigner kommt Alexander Dobrindt ins Kabinett, fertig. Dann bleibt es zwar bei einem Innenminister, der dieses Amt nicht liebt, und einem Verkehrsminister, der sich davonstiehlt, wenn's eng wird, aber über das Personal entscheiden die Parteien, nicht die Chefin. Soweit, so schlecht.

Zentral wird die Frage, ob der SPD-Vorsitzende das Land vor die Partei stellen wird, auch wenn er diesen Vergleich nicht mag. Geht Sigmar Gabriel in die Regierung, geht er in die Loyalität. Geht er zusätzlich zum Partei- in den Fraktionsvorsitz, weiß Merkel, was die Stunde geschlagen hat. Nicht jetzt, aber vielleicht in zwei Jahren. So viel ist sicher: So nett wie gestern high noon in der Bundespressekonferenz kommen sie nie wieder zusammen.

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