Kommentar Politik und Wirtschaft - Warum das nicht geht

Man kann es gerne mal versuchen. Man kann versuchen, den geplanten Wechsel des bisherigen Kanzleramtschefs Ronald Pofalla in den Vorstand der Bahn zu rechtfertigen.

Erstes Argument: In einer freien Marktwirtschaft kann jeder tun, was er will, solange es legal ist. Das ist eine notwendige Anmerkung, wenn man an die sprunghafte Steigerung der Steuerselbstanzeigen denkt. Pofallas Wechsel, so er denn zustande kommt, ist legal.

Zweites Argument: Wenn einer einen Job verliert, muss er sich einen anderen suchen. Stimmt - soweit bekannt - nicht. Es gab gewiss Gründe, Ronald Pofalla nicht für die Idealbesetzung in der Schaltzentrale der Politikmacht zu halten. Denn die schwarz-gelbe Koalition lief nun wirklich nicht geräuschlos, weder zu Beginn noch am Ende ihrer vier Jahre.

Dieses geräuschlose Management aber wäre Pofallas Kernaufgabe gewesen. Und besonders viel herausgekommen ist in diesen vier Jahren auch nicht. Aber da haben gewiss andere mehr Schuld als der Kanzleramtschef. Dennoch: Geflogen ist er nicht, Angela Merkel hätte ihn behalten. Es gab also keine Notlage.

Drittes Argument: Der Mann will endlich richtig Geld verdienen. Stimmt. Der Job im Bahnvorstand ist zehnmal so gut dotiert wie der im Regierungsvorstand. Wer den Wechsel deshalb kritisiert, ist vermutlich nur ein Neider. Merke: "Geiz ist geil" ist das Motto der Deutschen beim Geldausgeben, nicht beim Einnehmen.

Damit hat es sich mit den Argumenten für Pofallas Plan aber auch. Denn das Hauptargument der Wechsel-Befürworter ist in diesem Fall keines. Der Austausch zwischen Politik und Wirtschaft sei prinzipiell zu begrüßen, sagt etwa Pofallas heimischer Parteichef Armin Laschet. Recht hat er. Aber doch nicht mit dem Argument, er habe so viele Erfahrungen gesammelt, die für jedes Unternehmen von Bedeutung seien.

Laschet hätte auch sagen können: ...die für jedes Unternehmen bares Geld wert sind. In der freien Wirtschaft, auch im öffentlichen Dienst gibt es das Betriebs- oder Dienstgeheimnis. Was man im Job erfährt, darf man nicht weitergeben. Und hier soll ein Mann gerade deshalb geworben werden! Das ist Zynismus pur.

Im Übrigen geht es ja gar nicht um die freie Wirtschaft. Die Bahn gehört zu 100 Prozent dem Staat. Der Staat befreit sie von der Öko-Strom-Umlage, der Staat entscheidet, wie viel Geld es für Investitionen gibt. Da soll Pofallas Wechsel nichts mit Lobbyismus zu tun haben? Selbst dann noch nicht, wenn der neue Job neu geschaffen wird, genau mit dem erklärten Ziel der Kontaktpflege zur Politik?

Das kann nicht wahr sein! Pofalla mag sich am schlechten Beispiel eines Gerhard Schröder oder eines Eckart van Klaeden orientieren. Besser wäre, er würde den Zug zur Bahn gar nicht erst besteigen.

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