Kommentar Putins Rede - Blutleer

Das Überraschende an diesem Tag, an dem Wladimir Putin an das Kremlpult tritt und das Wort an sein Volk richtet, ist, dass nichts Überraschendes herauskommt aus dem Mund des mächtigsten Mannes Russlands.

Keine Rede von Änderungen in der Ökonomie und der Justiz, keine wortreichen Spitzen in Richtung des bösen, sich in alles einmischenden Westens. Putin gibt sich geradezu ermüdet von seinen stets gleichen Sätzen, auch wenn er immer noch in seinem Kommandoton zu sprechen versucht. Kampf gegen das Aussterben der Bevölkerung, Kampf gegen die Korruption und für ein transparentes System - hübsche Slogans sind das, die er gebraucht.

Die Wirklichkeit sieht anders aus, das beweisen nicht zuletzt auch die immer gleichen Forderungen des Präsidenten. Die Programme, die der Staat schreibt, greifen zu kurz oder gar nicht.

Der Auftritt ist aber auch ein beruhigender, vor allem für die gebeutelte und sich nach wie vor nicht einig werdende Opposition. Es dürfte vorerst keine neuen Gesetze geben, die die Kritiker des Regimes noch mehr an die Wand stellen, keine Änderung der Verfassung, wie viele russische Beobachter spekuliert hatten.

Dennoch bleibt es eine blutleere Rede - für alles Gute und gegen alles Schlechte. Eine, bei der Putin nichts zur Außenpolitik Russlands sagt und Themen wie Korruption nur am Rande streift. Seine Regierung gemahnt er zur Tatkraft. Also schöne Worte mit wenig Substanz dahinter. Eben deshalb ziehen sie auf die Straße, auch an diesem Samstag wieder, selbst wenn der Staat die laute Kritik in der Hauptstadt noch nicht erlaubt hat.

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