Kommentar zu hohen Lebensmittelpreisen Raus aus dem Regal

Bonn · Die großen Lebensmitteleinzelhändler müssen ihre Marktmacht nutzen, um die Gewinnmitnahmen der Hersteller zu begrenzen. Es wirkt meist schnell, bestimmte Marken aus dem Sortiment zu nehmen, wenn die Preisforderungen zu drastisch sind.

Auch Spar-Apps helfen beim Lebensmitteieinkuf derzeit nur begrenzt.

Auch Spar-Apps helfen beim Lebensmitteieinkuf derzeit nur begrenzt.

Foto: dpa-tmn/Benjamin Nolte

Der Preis für Brot hatte lange Zeit eine Schlüsselrolle für die politische Ordnung. In Deutschland wurde der Brotpreis bis in die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts staatlich reglementiert, damit Brot als erschwingliches Grundnahrungsmittel auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten das Überleben sicherte. Wenn die Entwicklung bei den Lebensmittelpreisen so weiter geht wie in den vergangenen zwölf Monaten, werden sie wieder zum Politikum.

Der Anstieg betrifft besonders ärmere Haushalte: Nahrungsmittel haben sich binnen Jahresfrist um mehr als 20 Prozent verteuert, der Regelsatz für Bürgergeld wurde nur um gut zehn Prozent erhöht. Dabei müssen Menschen mit geringerem Einkommen ohnehin einen höheren Anteil des Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben.

Deutschland galt bis vor kurzem als Land, in dem Lebensmittel besonders günstig sind. Jetzt hat der Ukraine-Krieg Folgen in Form von höheren Energie-, Produktions- und Logistikkosten. Allerdings sind die Preise in Deutschland oft deutlich mehr gestiegen als in europäischen Nachbarländern. Große Lebensmittelhersteller haben ihre Vertriebsstrukturen nach Ländern ausgerichtet und können im Ausland andere Preise von den Supermärkten verlangen als in Deutschland. Das legt den Verdacht nahe, dass große Lebensmittelkonzerne Kasse machen. Das Kartellamt sollte genau hinschauen, ob Unternehmen die Lage ausnutzen. Allerdings sind hohe Preise für das Kartellamt kein Grund zum Einschreiten. Es greift ein, wenn Unternehmen ihre Marktmacht missbrauchen, um überhöhte Preise festzulegen.

Die großen Lebensmitteleinzelhändler müssen ihre Marktmacht nutzen, um die Gewinnmitnahmen der Hersteller zu begrenzen. Zwischenzeitlich bestimmte Marken aus dem Sortiment zu nehmen, wenn die Preisforderungen zu drastisch sind, wirkt oft heilsam. Es dauert meist nicht lange, bis Lieblingsprodukt wieder im Regal zu finden ist.

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