Kommentar Rederecht im Bundestag - Fade Einheitssoße

Norbert Lammert sorgt sich seit Jahren um die mangelnde Aufmerksamkeit für die Arbeit des Bundestages, zumindest was die Debatten angeht. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen sende lieber Seifenopern statt Plenumssitzungen, hat er ihm vorgeworfen.

Inzwischen überträgt der Bundestag selbst im Internet live und für jedermann und jedefrau seine Debatten.

Die Bundestagssitzungen sind trotzdem keine Publikumsmagneten. Das moderierte Gespräch in TV-Talkshows bringt Themen für viele Bürger besser auf den Punkt, auch wenn hier der ritualisierte Streit den Informationswert oft übersteigt. Dabei gibt es sie gelegentlich, die auf hohem Niveau ausgetragenen Bundestagsdebatten. Das ist fast immer der Fall, wenn es um fraktionsübergreifende Gruppenanträge geht und die Fraktionen die Abstimmung frei gegeben haben. Aber die Regel ist das eben nicht.

Setzen sich Union, SPD und FDP im Bundestag mit ihrem Ansinnen durch, Abweichler im Plenum praktisch mundtot zu machen, sollte Bundestagspräsident Lammert das Geld für sein Internetfernsehen lieber sparen. Das würde den meisten Debatten den Rest an Würze nehmen.

Man sollte sich daran erinnern, dass das Wort Parlament sich sprachgeschichtlich von "parlieren", also "reden", herleitet. In Rede und Gegenrede sollen sich die Meinungen bilden, nicht nur der anwesenden Abgeordneten, idealerweise auch die der Bürger im Land, also vor den Bildschirmen. Bietet sich dort nur noch fade Einheitssoße, schalten alle ab.

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