Reformfähigkeit Frankreichs - Reflexhafte Blockade

PARIS · Wer sich bis jetzt gefragt hat, warum in einem Land wie Frankreich zwar Revolutionen stattfinden, aber Reformen nur mit größter Mühe durchgesetzt werden können, der betrachte das momentane Spektakel um das Liberalisierungsgesetz.

Präsident Hollande erhofft sich davon zwar mehr Luft für die Wirtschaft, damit sie endlich in Gang kommt und Jobs schafft. Er schraubt aber selbst die Erwartung herunter, wenn er erklärt, es sei wohl kein "Jahrhundert-Gesetz". Ein paar verkaufsoffene Sonntage und Fernbusse mehr lösen noch nicht den dringend notwendigen Wachstumsschub aus.

Es handelt sich um kleine, auch symbolisch bedeutsame Schritte, die nicht zuletzt das Ausland von Frankreichs Reformbereitschaft überzeugen sollen - doch selbst sie gehen einer lärmenden Minderheit der Linken zu weit. Die Ideologen, denen "liberal" grundsätzlich als Schimpfwort gilt, erscheint jede Öffnung für mehr Konkurrenz als sozialer Ausverkauf.

Aber auch die bürgerliche Rechte begnügt sich mit armseliger politischer Taktik und reflexhafter Blockade: Das Gesetz mit der Begründung abzulehnen, es gehe nicht weit genug, ist verantwortungslos. Die Situation in dem wirtschaftlich angeschlagenen Land scheint noch immer nicht angespannt genug zu sein, um parteiübergreifende Zusammenarbeit zu ermöglichen.

Premierminister Manuel Valls, der wieder seinem Ruf als autoritärer "Durchregierer" gerecht wird, setzt das Gesetz nun zwar mit Gewalt durch. Aber das Ideal eines im Konsens reformierenden Landes, das vorankommen will, scheint weit entfernt.

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