Kommentar Reisefreiheit in Europa - Misstrauensvotum

Der lange Weg zu einem Vollmitglied der EU ist nicht nur mit Auflagen und der Übernahme von rund 80.000 Seiten europäischer Gesetze gepflastert. Zu den Wohltaten, die Brüssel spendiert, gehört die visafreie Einreise.

Doch dabei handelt es sich um eine Art Testlauf. Die Kandidaten müssen zeigen, dass sie die Gunst der EU nicht missbrauchen. Genau das ist im Fall der Balkan-Staaten passiert.

Die Zahlen sind deutlich: Sie zeigen nicht nur einen massiven Anstieg politischer Asylgesuche. Sie dokumentieren auch, dass es nicht einen einzigen Fall gab, in dem die deutschen Behörden oder die Kontrolleure anderer Mitgliedstaaten einen Antrag akzeptierten.

Kein Wunder also, dass die Innenexperten des Europäischen Parlamentes nun die Reißleine zogen und dem Plenum sowie den Mitgliedstaaten nahelegten, die Visa-Freiheit wieder aufzuheben. Dieses Misstrauensvotum wird die betroffenen Balkan-Staaten treffen.

Denn es sagt ihnen auch: Ihr habt die Kontrollen im Land nicht im Griff. Konsequenzen für den Beitrittsprozess werden folgen. Der Schritt wiegt vor allem deswegen schwer, weil es sich bei den Asylbewerbern überwiegend um Sinti und Roma handelt. Dass diese Minderheit in den Balkanstaaten - zurückhaltend ausgedrückt - nicht gerne gesehen ist, berichteten EU-Beobachter schon mehrfach nach Brüssel.

Das macht die Abwanderung ins gelobte Europa zu einem zusätzlichen Minus-Punkt bei den Aufnahmegesprächen. Denn zu den europäischen Werten gehört auch der Schutz von Minderheiten und kleinen Volksgruppen.

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