Kommentar Schuldenstopp als Wahlkampfthema - Früh auf der Bremse

Schulden sind ein hartes Thema. Erst recht in Krisenzeiten und in der Phase eines heraufziehenden Wahlkampfes. Geld kann Wähler weich machen, vor allem jenes, das ihnen Regierende nicht nehmen beziehungsweise sogar geben. So hat nun auch der Bundesminister der Finanzen sein Netz ausgeworfen und versprochen, dass er es mit dem Schuldenmachen, also mit dem Augnehmen frischer Kredite, sehr schnell ganz genau nehmen will.

Schon 2013, jenem Jahr, in dem der Bundestag wie auch die Landtage in Niedersachsen und Bayern neu gewählt werden, soll die Neuverschuldung des Bundes so deutlich zurückgefahren werden, dass Wolfgang Schäuble über einen nahezu ausgeglichenen Haushalt frohlocken möchte.

Man achte dabei mit einiger Aufmerksamkeit auf das Kleingedruckte in der Absichtserklärung. Erstens spricht Schäuble bezogenen auf das Wahljahr 2013 von "voraussichtlich", zweitens von einem "nahezu" ausgeglichenen Haushalt und drittens sieht der Finanzplan für 2014 immer noch eine Nettokreditaufnahme, also ohne den Schuldendienst, von gut 13 Milliarden Euro, vor. Nahezu ausgeglichen würde wahrlich anders aussehen. Keine Frage: Die Absicht ist gut, wenngleich sie mit Wahlwerbung in eigener Sache verbunden ist. Schwarz-Gelb, so will Schäuble Glauben machen, nimmt die Verpflichtungen aus der Schuldenbremse ernster als ernst. Nicht erst 2016, wie es das Grundgesetz verlangt, sondern möglichst schon drei Jahre früher will die Bundesregierung einen Haushalt mit so wenig wie möglich neuen Schulden vorlegen.

So brandneu wie man annehmen könnte, ist Schäubles jetziges Sparversprechen übrigens nicht. Schon im Sommer, bei der Einbringung des Etatentwurfes für 2013 im Kabinett, hatte der Bundesminister der Finanzen die Erfüllung der Schuldenbremse drei Jahre früher als verlangt betont. Das Unterfangen ist nicht ganz ohne Risiken. Denn Schäubles Rechnung beinhaltet Unbekannte. Zum Beispiel diese: Was, wenn für Griechenland womöglich ein drittes Hilfspaket geschnürt werden muss? Ein solches wäre zwar erst nach der Bundestagswahl 2013 fällig, doch bereits für 2014 hat denn auch FDP-Chef Philipp Rösler den Plan einer schwarze Null im Bundeshaushalt ausgerufen.

Und: Käme tatsächlich ein neuer Schuldenschnitt für das Euro-Sorgenkind Nummer eins Griechenland, wie ihn die Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds angeblich will und wie ihn Schäuble ablehnt, wären Sparplan und vorgezogene Schuldenbremse vermutlich Makulatur. Zudem kann sich Schäuble frisches Geld nicht drucken (von der Inflationsgefahr einmal abgesehen), sondern nur leihen. Und just derlei neue Schulden will der Bundesfinanzminister erklärtermaßen eben nicht aufnehmen.

Also gilt, was auch im übrigen Leben gilt: Es kommt meistens anders als geplant. Das wissen gerade Haushälter und Finanzplaner.

Die Schuldenbremse ist Gesetz. Sie früher als festgeschrieben zu drücken, wäre gut. Nicht nur in Wahlkampfzeiten. Denn: Es geht um das Geld der nächsten Generationen.

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