Kommentar Sicherheitslage in Belgien: Blanke Angst

Es klingt wie Hohn, wenn die belgische Regierung am Tag nach dem vereitelten Terror-Anschlag davon spricht, es gebe keine erhöhte Bedrohung. Es gibt sie.

Vermummte und verängstigte Polizisten sind vielleicht das Schlimmste, was ein Attentäter anrichten kann, ohne selbst aktiv zu werden. Die mutmaßlichen Terroristen von Verviers haben ein Land in blanke Angst gestürzt.

Schneller und gründlicher als in Deutschland hat die Brüsseler Regierung politische Konsequenzen gezogen und dabei unliebsame Entscheidungen getroffen. Es wird der touristischen Metropole schaden, wenn künftig Soldaten auf öffentlichen Plätzen das Panorama verstellen. Vor allem aber hilft ein derart martialisches Erscheinungsbild wenig. Weil auch in Belgien die Ursachen der Gewalt nichts mit Religion oder Islam, aber sehr viel mit sozialen Problemen zu tun haben.

Im Schatten der Laptop- und Smartphone-Welt von EU und Nato lebt ein Teil der Menschen in Armut und Ausgrenzung. Wer dies nicht beseitigt, düngt den Bodensatz, auf dem Extremismus und Terrorismus gedeihen. Die Sicherheitsbehörden in Belgien haben reagiert. Anders als in Paris konnten sie Mordanschläge verhindern. Aber der Zwiespalt einer solchen Präventiv-Aktion bleibt: Obwohl genau genommen nichts passiert ist, lässt die Angst keinen Platz für wachsendes Vertrauen. Schulen, öffentliche Gebäude, selbst Polizei-Dienststellen igeln sich ein, was nur allzu verständlich ist. Aber sie geben damit genau jenes Bild ab, das die mutmaßlichen Attentäter erreichen wollen: Sie destabilisieren ein ganzes Volk.

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