Kommentar SPD-Kanzlerkandidatur - Krafts Entscheidung

Düsseldorf · Die Absage an die Kanzlerkandidatur kam nicht überraschend, den Zeitpunkt aber hat Hannelore Kraft klug gewählt. Die Regierungschefin hat allen Überlegungen, sie könne nach einem denkbaren Scheitern des SPD-Mitgliederentscheids über den Koalitionsvertrag als Retterin zur Verfügung stehen, demonstrativ den Boden entzogen. Als Hoffnungsträgerin im Bund scheidet Kraft damit aus.

Die politische Spätstarterin hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihr der aufgeregte "Hühnerstall" in Berlin fremd ist: Die Rheinländerin fühlt sich nicht wohl an der Spree. Auch das bundespolitische Scheitern von Landesgrößen wie Kurt Beck war sicher keine vertrauensbildende Maßnahme.

Mit dem kategorischen Nein hat Kraft die Sehnsucht der Partei nach der ersten SPD-Kanzlerin 2017 frühzeitig enttäuscht. Parteichef Sigmar Gabriel wird alternativlos. In einer "Stern"-Umfrage vor der Bundestagswahl hatten 52 Prozent der SPD-Anhänger Kraft bessere Aussichten für einen Wahlsieg eingeräumt als dem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. Zur Wahrheit gehörte aber auch: Gegen Amtsinhaberin Merkel gaben die Bürger auch Kraft keine Chance.

Als Ministerpräsidentin steht Kraft vor zahllosen Baustellen in NRW. Noch ist die Regierungschefin den Beweis schuldig geblieben, dass NRW wirtschaftlich den Anschluss an erfolgreiche Bundesländer wie Bayern schafft. Kraft lobt die sozialdemokratische Handschrift im Koalitionsvertrag - nun muss sie zeigen, dass sie NRW nach vorn bringt.

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