Kommentar Steinbrücks Honorare - Die Im-Glaushaus-Sitzer

Es ist in der Tat ein grandioser Fehlstart - aber nicht allein von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Es ist ein Fehlstart all jener, die aus einem viel zu früh beginnenden Wahlkampf eine Schlammschlacht um Politiker-Honorare machen.

Da wird gekeilt und geschossen, beleidigt und diffamiert, es geht hin und her, ein Angriff folgt dem nächsten. Wann endlich merken unsere "Spitzenpolitiker", dass sie nur Eigentore schießen? Bestenfalls öden sie das Publikum an; schlimmstenfalls bestätigen sie alle (Vor-) Urteile über eine Kaste, die überall ist, nur nicht nah am Volk.

Wo Steinbrück in den vergangenen Jahren war, wissen wir jetzt: Statt Reden im Bundestag zu halten (oder dort wenigstens den Reden anderer zu lauschen), hielt er lieber Vorträge vor zahlendem Publikum. Es steht außer Frage, dass das legal war. Ob es legitim war, etwa Honorare einer Berater-Kanzlei seines ehemaligen Ministeriums zu kassieren, steht auf einem anderen Blatt.

Da muss man zumindest einmal höflich nachfragen dürfen, ohne dass solche Fragen von Steinbrück als "absurd" und sogar "dämlich" abqualifiziert werden. Es ist gut, wenn er hier schnell Klarheit schafft. Dann, nur dann, kann die Debatte schnell ein Ende finden.

Wirklich unerträglich ist derweil die Unaufrichtigkeit jener Unions- und FDP-Politiker, die sich über den üppigen Nebenverdienst des SPD-Manns ereifern und zugleich seit Jahren jede Transparenz in dieser Frage verhindert haben und weiter verhindern wollen.

Und wenn CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt meint, Steinbrück stehe "im Verdacht, ein Produkt der Finanzindustrie zu sein", obwohl eben dieser Steinbrück gerade ein Konzept zur Bankenregulierung vorgelegt hat, was der Koalition bis heute nicht eingefallen ist, dann möchte man ausrufen: Hört auf, mit Steinen zu werfen! Das Glashaus liegt längst in Scherben!

Wie schnell man sich an diesen schneiden kann, lässt sich am Beispiel eines anderen Generalsekretärs beobachten: FDP-Lautsprecher Patrick Döring hat Steinbrück eben unterstellt, ihm fehle "das Gen eines ehrbaren Kaufmanns".

Ein "Gentest" bei Döring bringt nun folgendes Ergebnis: Der 39-Jährige fährt als Aufsichtsrat bei der Deutschen Bahn 32.000 Euro pro Jahr ein, und als Vorstandsmitglied einer Krankenversicherung für Haustiere hamstert er bis zu 7000 Euro im Monat. 8000 Euro bekommt er bereits dafür, Bundestagsabgeordneter zu sein. Alles ganz normal.

Döring ist in bester Gesellschaft: Alle Bundestagsabgeordneten zusammen haben nach Berechnungen von "abgeordnetenwatch" seit 2009 mindestens 22,5 Millionen Euro nebenher verdient. Der Bundestag: ein großes Glashaus. Schlussbemerkung: Angela Merkel macht, wahlk(r)ampftaktisch betrachtet, schon wieder alles richtig. Sie schweigt und überlässt den Fehlstart den anderen.

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