Kommentar Ströbeles Visite bei Snowden - Heilsame Frechheit

BERLIN · Eine Frechheit, ja, eine Unverschämtheit ist das Verhalten des Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, der - immerhin Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag - ohne jede Abstimmung mit der Bundesregierung nach Moskau fliegt und auf eigene Faust den NSA-Informanten Edward Snowden befragt.

Zurück in Berlin unterrichtet er die Öffentlichkeit darüber, dass Snowden zu einer Aussage gegenüber deutschen Behörden bereit sei.

Unglaublich, wie sich der Abgeordnete Ströbele selbst inszeniert. Und ebenso unglaublich, dass er die Chance dafür bekam. Ströbele konnte die Bundesregierung ja nur in dieser Form vorführen, weil sie die von Snowden ausgelöste NSA-Affäre monatelang nicht ernst genug genommen hat. Weil sich Bundesinnenminister Friedrich in Washington mit ein paar dünnen Zusicherungen abspeisen ließ.

Da musste erst eine Handy-Nummer der Kanzlerin in Snowdens Daten auftauchen, damit man in Berlin einsah, dass die USA nicht etwa nur bei der Terrorabwehr zu weit gegangen sind, sondern dass sich ihre Spitzelei direkt gegen die Interessen der Verbündeten richtete.

Diese Regierung hat förmlich um die Demütigung gebettelt, die Ströbele ihr bereitet hat. Es musste so weit kommen, damit man in Berlin ernsthaft bereit ist, mit Snowden zu sprechen. Man kann ihn nicht einfach nach Deutschland holen, wie er es wünscht, hätte aber längst diskret an einer humanitären Lösung für ihn arbeiten sollen.

In diesem Sinne: Danke, Herr Ströbele. Danke für Ihre dreiste Provokation, ohne die es in Berlin keine Bewegung gegeben hätte.

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