Kampf gegen den IS Symbolpolitik

Berlin · Deutschland wird sich stärker als bisher am Kampf gegen den IS beteiligen. Das ist zumindest dann konsequent, wenn man den Maßstab anlegt, den die Kanzlerin bei ihrem Paris-Besuch gegenüber Staatspräsident Hollande formuliert hatte: "Der Islamische Staat muss mit militärischen Mitteln bekämpft werden."

Im Prinzip kann man das kaum kritisieren. Wenn die Terrorattacken der selbst ernannten Gotteskrieger tatsächlich einen Angriff auf gemeinsame westliche Werte, auf unsere gemeinsame Art zu leben, bedeuten, wenn diese Terrorbedrohung nicht an den Grenzen der westlichen Welt Halt macht - dann ist ein gemeinsames Vorgehen die Konsequenz.

Nur muss man wissen, was es bedeutet, wenn dieses gemeinsame Vorgehen militärisch ausgeführt wird. Wenn man den Kampf gegen den IS militärisch austragen will, dann muss man sich auf die kalte Logik der Militärs einlassen. Die aber sagen ganz deutlich: Mit Luftschlägen lässt sich der Kampf gegen eine Macht nicht gewinnen, die ein großes Territorium in einem fremden Kontinent mit starken Verbänden kontrolliert. Das heißt: Militärisch lässt sich der Kampf gegen den IS zwar gewinnen - aber nur mit Bodentruppen.

Davor aber schreckt die Politik zurück. Weil der Bodenkampf unter ungewohnten, klimatisch extremen Bedingungen und angewiesen auf kompliziert herzustellende konstante Versorgung mit Nachschub vielleicht lange dauern und sicher viele Opfer fordern würde. Zudem hat der Einsatz von Bodentruppen nur dann einen Sinn, wenn die teilnehmenden Mächte eine klare Vorstellung davon hätten, wie eine Nachkriegsordnung aussehen sollte.

Davon kann aber bislang keine Rede sein. Russland, Iran, Saudi-Arabien und die USA können sich ja noch nicht einmal darauf einigen, wer in diesem syrisch-irakischen Knäuel von Interessen der eigentliche Gegner sein soll. Aber selbst das reichte nicht: Notwendig wäre auch die Entschlossenheit, diese Ordnung langfristig mit aufzubauen und dauerhaft zu sichern. Es handelte sich also um ein Engagement, das mindestens für ein Jahrzehnt Ressourcen, Geld und Personal binden würde.

Es ist also durchaus zu begründen, warum niemand im Westen Bodentruppen in diesen Konflikt schicken möchte. Nur wäre es dann konsequenter, gleich ganz auf militärische Abenteuer zu verzichten. Luftschläge, oder - wie nun im deutschen Fall - die Beteiligung an solchen durch Aufklärungsflugzeuge und logistische Unterstützung - sind nicht mehr als ein Versuch, so zu tun "als ob" - eine traurige, weil gefährliche Art der Symbolpolitik.

Es gibt gute Gründe auf Bodentruppen zu verzichten. Dann aber hätte man den Rat besonnener Politiker folgen sollen (Frank-Walter Steinmeier gehört dazu), die dazu raten, diplomatisch auf eine Stabilisierung Syriens hinzuwirken und die arabischen Staaten selbst für den bewaffneten Konflikt gegen den IS zu ertüchtigen.

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