Bußsakrament in der Krise Tagung in Rom wirbt für ein Sakrament in der Krise

Meinung · Heute ist das Bußsakrament in Deutschland ziemlich aus der Mode gekommen. Bei einer Tagung in Rom haben hochrangige Vertreter der katholischen Kirche nun nach Gründen dafür geforscht. Dabei dürfte auch die Seite der kirchlichen Würdenträger eine starke Mitschuld an der Krise des Bußsakraments tragen, meint unser Autor.

 Ein Junge beichtet beim Kommunionsunterricht zum ersten Mal in einem Beichtstuhl.

Ein Junge beichtet beim Kommunionsunterricht zum ersten Mal in einem Beichtstuhl.

Foto: picture-alliance/ dpa/Stephan Jansen

Zu den prägenden Kindheitserlebnissen katholisch erzogener Menschen zählt die erste Beichte. Und die sehen für viele ganz ähnlich aus: Auf dem Weg von der Kirchenbank zum Beichtstuhl, wo der Priester bereits hinter einem Vorhang sitzend wartete, ist man noch einmal das bei der Gewissenserforschung sorgsam zusammengestellte kindliche Sündenregister vor dem inneren Auge durchgegangen: dem großen Bruder das Spielzeug weggenommen, der Mutter Widerworte gegeben, heimlich genascht. Das war’s auch schon im Wesentlichen. Mit gesenktem Kopf und leiser Stimme hat man dem Priester, der sein Antlitz hinter einem Tüchlein verbarg, die Sünden zugemurmelt, die dann erwartungsgemäß vergeben wurden.

Heute ist das Bußsakrament in Deutschland ziemlich aus der Mode gekommen. Bei einer Tagung in Rom haben hochrangige Vertreter der katholischen Kirche nun nach Gründen dafür geforscht. Kardinal Mauro Piacenza, Chef der zuständigen Vatikanbehörde, der den mittelalterlichen Titel eines „Großpönitentiars“ trägt, habe in seinem Vortrag eine „Anämie des Glaubens“ als Hauptursache für die Krise ausgemacht, wie die Katholischen Nachrichtenagentur KNA zu berichten wusste. Mit dieser Analyse liegt der Ball im Feld der Gläubigen. Dabei dürfte auch die Seite der kirchlichen Würdenträger eine starke Mitschuld an der Krise des Bußsakraments tragen. Denn Beichten bedeutet, sich mit all seinen Schwächen dem priesterlichen Beichtvater anzuvertrauen, dem Vertreter einer Institution also, die in den vergangenen Jahren und Monaten selbst das Vertrauen ihrer Schäfchen auf fahrlässige Weise verspielt hat. Angesichts der Verfehlungen, die sich zahlreiche Priester und Bischöfe haben zuschulden kommen lassen, und deren Vertuschung durch die Institution Kirche, müssten beide Seiten der Beichtstühle voll sein mit Geistlichen. Und sie wissen: Zu den Voraussetzungen für eine gültige Beichte zählen auch Reue und Wiedergutmachung.

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