Kommentar zum US-Truppenabzug Trumps Abrechnung

Meinung · Die USA wollen 12.000 der bislang in Deutschland stationierten Soldaten möglichst rasch abziehen. Jetzt hat Donald Trump der Bundesregierung seine Rechnung dafür geliefert, dass Deutschland seit Jahren das Zwei-Prozent-Ziel bei den nationalen Verteidigungsausgaben nicht erfüllt, kommentiert Holger Möhle.

   Donald Trump (M), Präsident der USA, lässt sich, während eines Zwischenstopps auf dem Stützpunkt der US-Luftwaffe in Ramstein, mit Militärangehörigen fotografieren.

Donald Trump (M), Präsident der USA, lässt sich, während eines Zwischenstopps auf dem Stützpunkt der US-Luftwaffe in Ramstein, mit Militärangehörigen fotografieren.

Foto: dpa/Shealah Craighead

Ein Präsident unter Druck. Ein Präsident mit miesen Umfragewerten. Ein Präsident, der die Nato nicht schätzt und der den Nato-Partner Deutschland zum Lieblingsgegner im Bündnis erkoren hat. Jetzt hat Donald Trump der Bundesregierung seine Rechnung dafür geliefert, dass Deutschland seit Jahren und noch für Jahre das in der Allianz verabredete Zwei-Prozent-Ziel bei den nationalen Verteidigungsausgaben nicht erfüllt. Beim Nato-Gipfel vor zwei Jahren hatte Trump versucht, die Latte noch höher zu legen: Zwei Prozent wären ganz okay, aber vermutlich müssten es vier Prozent sein, bluffte er. Jene 1,38 Prozent, die Deutschland derzeit in die alliierte Waagschale wirft, sind ihm entschieden zu wenig. Für den früheren Geschäftsmann Trump einfach ein „bad deal“, ein schlechtes Geschäft, weil Deutschland für seine eigene Sicherheit nicht (ausreichend) zahlen wolle.

Nun will er knapp 12 000 der insgesamt 35 000 US-Soldaten aus Deutschland abziehen. Trumps Entscheidung riecht stark nach Strafaktion für einen Bündnispartner, der sich seinem Diktat nicht beugen und seinen Narzissmus nicht bedienen will. Doch auch wenn der US-Präsident glaubt, mit der Ankündigung eines Truppenabzuges, Deutschland als säumigen Beitragszahler im Bündnis an den Pranger zu stellen, so schadet er sowohl US-Sicherheitsinteressen wie auch dem Bündnis selbst. Trump zieht Soldaten ab, die er für  Militäreinsätze etwa in Afrika braucht. Er will das Afrika-Kommando mit Sitz in Stuttgart an einen anderen Standort verlegen, das Europa-Kommando soll nach Belgien. Der wahlkämpfende Präsident zahlt selbst einen hohen finanziellen und  politischen Preis für seinen Plan. Er ist auch eine Art Abrechnung mit der unbeugsamen Angela Merkel.

Bislang ist der Truppenabzug nur angekündigt, aber noch lange nicht umgesetzt. Verliert Trump im November die Präsidentenwahl wird sowieso neu gerechnet, auch im transatlantischen Verhältnis. Doch Trump spielt mit allen Tricks, bringt jetzt sogar eine Verschiebung der US-Wahl ins Gespräch. Auch ein Joe Biden als US-Präsident würde mittelfristig vermutlich weniger Soldaten in Deutschland belassen. Doch der Ton würde sich verändern und Bündnispartner wie auch die Nato als Ganzes würden vorher konsultiert und informiert. Trump hat schon jetzt einiges Porzellan im Bündnis zerschlagen. Wird er wieder gewählt, muss die Nato aufpassen – auf sich selbst.

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