Kommentar Unruhen in Thailand - Gefährliche Illusionen

Thailand eine Demokratie zu nennen, hieße die demokratische Idee zu verhöhnen. Die Monarchie beansprucht zumindest auf dem Papier das letzte Wort. Die Justiz schützt lieber den König als die Meinungsfreiheit. Es gilt eine Verfassung, die von der Militärdiktatur nach 2006 eingeführt wurde. Es gibt Wahlen, deren Ergebnis die Verlierer nicht akzeptieren.

Jedenfalls will die oppositionelle "Demokratische Partei", die seit 2001 jeden Urnengang mit Pauken und Trompeten verlor, die Regierung lahmlegen, bis sie zurücktritt. Das Motiv ist eine Familie aus der nordthailändischen Stadt Chiang Mai: Yingluck Shinawatra ist zurzeit Premierministerin, ihr Bruder Thaksin Shinawatra lebt im Exil, seit er im Jahr 2006 von den Generälen des Königreichs gestürzt wurde.

Die "Büffel" aus der Provinz, die Elite in Bangkok - das ist der tiefe Gegensatz, der Thailand wieder einmal zum Zerreißen spannt. Suthep Taugsuban, der Anführer der Proteste und eine Schlüsselfigur in der "Demokratischen Partei", will sozusagen die "natürliche Ordnung" wiederherstellen. Frei nach dem alten thailändischen Satz: Die Provinz wählt Regierungen, Bangkok stürzt sie.

Doch er geht seinen eigenen Illusionen auf den Leim. Denn solange Yingluck ihr Amt nicht aufgibt und Neuwahlen ausschreibt, werden ihre Gegner ihren Abgang nicht erzwingen können. Die Armee, die früher für die Demokratische Partei und Bangkoks Elite das Eisen aus dem Feuer holte, ziert sich diesmal. Sie wird erst eingreifen, wenn Blut im "Land des Lächelns" fließt. Man muss befürchten, dass die Regierungsgegner es darauf anlegen.

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