Kommentar US-Haushaltsstreit - Kamikaze-Politik
Verweigerung ist eine Eigenschaft, mit der kein Staat zu machen ist. Wer entschlossen und beharrlich Nein sagt, auch wenn Fakten und demokratisch erzeugte Mehrheiten gegen ihn sprechen, wer Demagogie an die Stelle von Information setzt, der gehört nicht in die Parlamente, sondern in die außerparlamentarische Opposition.
In den USA gehen die Uhren anders. In der republikanischen Partei ist eine Kamikaze-Bewegung entstanden, die den Staat verachtet und von innen zerrüttet. Wer Kongress-Mitglieder der Tea Party in den vergangenen Wochen gegen die Gesundheitsreform von Präsident Obama reden hörte, konnte nicht anders - als Amerika zu bemitleiden.
So viel Einfältigkeit, so viel fester Wille zur Sabotage, so viel ideologischer Feldzug war selten in den Vereinigten Staaten. Während in weiten Teilen der Welt die Einführung der allgemeinen Krankenversicherung als ein Durchbruch historischen Formats gewürdigt wird, deklariert eine Minderheit innerhalb der staatstragenden Republikaner das Projekt als Teufelswerk und verlangt unannehmbare Tauschgeschäfte: Obamacare abschaffen - oder der Staat geht in den Bankrott.
Das Nein zum Haushalt war nur die Overtüre. Das dicke Ende kommt voraussichtlich in zwei Wochen, wenn über die Aufnahme neuer Kredite entschieden werden muss. Auf diese Weise wird Washington zur Dauergefahr für die globale Wirtschaft. Durchatmen kann die Welt erst, wenn die politische Mitte in den USA wieder zum bestimmenden Faktor wird. Wann das sein wird? Unabsehbar.
