Kommentar USA, Nordkorea und Iran - Bomben und Ambitionen

In der Nordkorea-Krise wird Barack Obama Beifall von ungewohnter Seite zuteil. Die oppositionellen Republikaner nicken anerkennend. Und auch Russlands Präsident Wladimir Putin, der zuletzt alles für eine weitere Zerrüttung des Verhältnisses zu Washington tat, hat für den US-Präsidenten lobende Worte übrig.

Washingtons Strategie, den Krieg der Worte mit dem Regime in Pjöngjang so gut es geht herunterzudimmen, findet allgemeine Zustimmung. Mag Kim Jong Un auch weiter zündeln - die US-Regierung, die intern längst alle Vorkehrungen für den Ernstfall trifft, hält sich offiziell mit bellizistischen Kontern zurück.

Mehr noch: Durch den Verzicht auf einen eigenen Raketentest auf der kalifornischen Luftwaffen-Basis Vandenberg soll die aufgeheizte Situation entkrampft werden, in der ein Kriegsausbruch auf der koreanischen Halbinsel durch eine Kurzschlussreaktion nicht ausgeschlossen werden kann.

Der Versuch einer Pjöngjang entgegenkommenden Entspannungspolitik mitten in der Krise kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Amerika mit einer anderen potentiellen Atommacht spürbar anders umgeht: Iran. Das Mullah-Regime hat sich am Wochenende in Almaty erneut dem Versuch widersetzt, seine vorgeblich friedlich ausgerichtete Atompolitik internationaler Kontrolle zu unterziehen. US-Außenminister John Kerrys erste Reaktion fiel entlang der von Obama seit einem Jahr vorgegebenen Linie barsch aus: Wir werden nicht ewig verhandeln - ohne ein echtes Einlenken Teherans schließt sich das Zeitfenster - denkbare realistische Folge: ein von den USA geführter Militärschlag.

Der Kontrast im Umgang mit beiden Ländern - hier dosierte Nachsicht mit der De-Facto-Atommacht Nordkorea, dort harte Hand gegenüber der Möchtergern-Atommacht Iran - dokumentiert Widersprüchlichkeit und Ratlosigkeit innerhalb der Obama-Regierung. Viel spricht dafür, dass Teheran sich die Drohkulisse von Kim Jong Un zum Lehrbeispiel nehmen und noch unnachgiebiger an seinen Atom-Ambitionen festhalten wird, die - nach allem, was bekannt ist - sehr wohl eine militärische Komponente besitzen. Zeitnahe Konzessionen, wie sie der Westen seit Langem fordert, erscheinen auch mit Blick auf die anstehenden Parlamentswahlen in Teheran unwahrscheinlich. Der Grund ergibt sich aus der Tagespolitik. Wer die Bombe erst einmal besitzt, wie Nordkorea, kann der Supermacht USA offensichtlich auf der Nase herumtanzen, die gesamte asiatisch-pazifische Region destabilisieren und ungestraft mit einem Nuklearangriff drohen.

Mit anderen Worten: Abschreckung funktioniert, die Achse der Ungehorsamen - Iran und Nordkorea - auch, die reizvolle Vision einer nuklearwaffenfreien Welt dagegen nicht. Amerika hat bisher kein Mittel gefunden, mit dieser Entwicklung umzugehen.

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