Kommentar Verkehrsinfrastruktur in NRW - Mehr als nur Wahlkampf

Manch ein Beobachter mag sich am Mittwoch im Bonner Dienstsitz des Bundesverkehrsministeriums an den Bahngipfel im März 2010 in Düsseldorf erinnert haben. Auch damals hatten sich Bahn, Bund und Land darauf geeinigt, "nachdrücklich die Realisierung des Rhein-Ruhr-Expresses voranzubringen", wie es seinerzeit hieß.

Der einzige Unterschied: Damals stand zwei Monate später die Landtagswahl bevor. Jetzt ist es der Bundestagswahltermin, der in gut acht Wochen auf dem Kalender steht. Also alles Wahlkampf, oder was?

Alles nicht, aber manches. So gehen die Erklärungen zum Rhein-Ruhr-Express nicht sehr weit über das hinaus, was die beiden Unionspolitiker Peter Ramsauer (Bund) und Jürgen Rüttgers (Land) mit der Bahn vor drei Jahren vereinbarten. Damals wollte der schwarze Bundesverkehrsminister dem schwarzen Ministerpräsidenten Schützenhilfe leisten.

Diesmal sind es der immer noch schwarze Verkehrsminister und die rote Ministerpräsidentin, die sich beide für ihre jeweiligen Parteien von Fortschritten in der Verkehrsinfrastruktur Wählerstimmen erhoffen.

Doch davon abgesehen: Es ist richtig, dass die Frage, wie wir in Zukunft unseren Verkehr organisieren wollen, zunehmend in den Mittelpunkt rückt. Der Dauerstau auf manchen Autobahnen an Rhein und Ruhr nervt viele Pendler. Die maroden Brücken, die vor Jahrzehnten geplant und gebaut wurden, als niemand an die Globalisierung und all ihre Folgen dachte, hemmen die wirtschaftliche Entwicklung von Unternehmen.

Der Schienenpersonennahverkehr ist inzwischen an seinen Grenzen angelangt. Schon bei geringen Störungen verspäten sich die Züge, manche sind dann noch voller als sonst. Gleichgültig, wer demnächst regiert, es wird eine der Hauptaufgaben für die nächste Wahlperiode sein, trotz Schuldenbremse und manch knapper Kassen Investitionen im Verkehrsbereich voranzubringen.

Insofern ist es gut, dass für ein wichtiges Schienenprojekt wie die Betuwe-Linie nun die Finanzierung steht. Doch bei aller Freude darüber, dass die niederländischen Häfen von Rhein und Ruhr aus künftig schneller zu erreichen sind, bleibt das Problem des Güterverkehrs Richtung Süden. Lobenswert ist, dass Rüdiger Grube dem Lärmschutz mehr Gewicht gibt, als Bahnchefs vor ihm das getan haben, und dass er mehr in Kontakt mit den Bürgern treten will. Natürlich hilft es auch, wenn Bremsen modernisiert werden und dadurch der Lärm reduziert wird.

Es ist schwer allerdings schwer vorstellbar, wie die Bahn sowohl den Zuwachs im Personen- wie im Güterverkehr im engen Mittelrheintal auffangen will. Auf Dauer wird man kaum um eine oder mehrere Ersatzstrecken herumkommen. Auch wenn das wiederum zusätzliches Geld erfordern wird.

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