Kommentar Wahlen in Italien - Unregierbar

Die positive Nachricht für Italien und die EU ist: Silvio Berlusconi hat die Parlamentswahl in Italien nicht gewonnen. Die schlechte Nachricht lautet, der Medienunternehmer aus Mailand hat sie auch nicht verloren.

Nach den ersten Ergebnissen zeichnet sich das schlechteste aller Szenarien für Italien ab, eine Patt-Situation. Der viermalige Ministerpräsident Berlusconi hat damit sein Ziel erreicht - die Unregierbarkeit des Landes. Nach einer furiosen Aufholjagd im Wahlkampf hofft er, erneut die Weichen in der Politik stellen zu können.

Im Abgeordnetenhaus ist das Mitte-Links-Bündnis des Partito Democratico (PD) unter Pier Luigi Bersani stärkste Partei. In der zweiten Kammer, dem Senat, herrscht das umgekehrte Bild. Das heißt, beide politischen Lager blockieren sich gegenseitig. Eine rasche Regierungsbildung und die Fortsetzung des Reformkurses sind damit vorerst unmöglich.

Um die politische Blockade und damit Neuwahlen zu vermeiden, müssen Pier Luigi Bersani und die PD nun über den Tellerrand hinausgucken. Italien hat die Fortsetzung des unter der Regierung von Mario Monti eingeschlagenen Sparkurses sowie die Fortführung struktureller Reformen auf den Gebieten Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Justiz dringend nötig.

Nur wenn Bersani das Kunststück gelingt, alle in Opposition zu Berlusconi stehenden Kräfte zu einigen, kann Italien möglicherweise der politischen Bewegungslosigkeit entkommen. Konkret würde das aber eine Koalition zahlreicher heterogener Gruppierungen bedeuten. 2008 ging dieses Experiment unter Romano Prodi schief.

Doch eine Koalition von PD, der mit dem PD verbündeten Linkspartei Sinistra e Libertà, Mario Montis Scelta Civica sowie des Movimento 5 Stelle des Komikers Beppe Grillo ist unwahrscheinlich. Erstens war am Montag nicht sicher, dass diese Gruppen zusammen das Berlusconi-Lager im Senat überhaupt zahlenmäßig übertreffen können.

Die Sitze der Senatoren werden Region für Region nach einem komplizierten Mehrheits-System verteilt. Zweitens ist die kurze Dauer eines Bündnisses der heterogenen Allianz beinahe sicher. So bleibt Italien wohl nur die Rückkehr an die Wahlurnen. Neben Berlusconis unzweifelhaftem Erfolg stechen zudem zwei miteinander zusammenhängende Daten ins Auge. Das schwache Abschneiden Mario Montis und der Boom des Movimento 5 Stelle des Komikers Beppe Grillo.

Monti, der in der EU als Retter Italiens gefeiert wird, bezahlte teuer, dass er sich mit bei den Italienern unbeliebten Politikern des konservativen Zentrums, Pier Ferdinando Casini und Gianfranco Fini verbündete. Vom Misserfolg der alten Garde der italienischen Politik profitierte vor allem Grillos Bewegung. Bei ihm bündelten sich die Stimmen der Unzufriedenen. Ob Italien von dieser Konstellation profitieren kann, ist derzeit eher zu bezweifeln.

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