Kommentar World Conference Center Bonn - Nur ein erstes Urteil

Der Weg zum World Conference Center Bonn (WCCB), das Bonn als UN-Stadt Bonn etablieren soll, geriet lang und länger und holpriger - ein Holzweg, der im Verborgenen in den Dschungel der Korruptions-Paragrafen führte, aber öffentlich von 2005 bis 2009 als Schlossallee verkauft wurde.

Hinter der Fassade nahezu genialer Rathaus-PR wucherte von Anbeginn ein Verwaltungs- und Wirtschaftskrimi, der, käme er als Roman daher, von Kritikern als "arg überdreht" oder "realitätsfern" zerrissen würde.

Als der Bauexpedition im Spätsommer 2009 endgültig der Proviant ausging, blickten die Bürger in einen Krater, der tatsächlich Abgründe offenbarte: Eine Verwaltungsspitze, die sich ahnungslos gab; Investoren, die als "Glücksfälle" angekündigt, aber mittellos waren; "unabhängige" Berater, die Investoren prüfen sollten, aber später bei ihnen angestellt waren; städtische Controller, die mit "Augen zu und Kopf aus" Millionen-Rechnungen als sachlich und rechnerisch richtig abstempelten. Dazu zirpten "Heuschrecken" von fernen Inseln über Bonn, die Kim & Co. eine rettende Hand ausstreckten, aber mit der anderen - für spätere Aufräumkommandos - juristischen Sondermüll hinterließen.

Dann kamen die Ermittler, bald die Richter. Weil die Sachverhalte verworren sind, wurden sie por-tioniert. Zehn Angeklagte, drei Verfahren. Das erste uferte gleich zum Marathonprozess aus. Seit gestern sind einige Angeklagte Verurteilte. Die Strafe für "Investor" Man-Ki Kim wäre wohl noch höher ausgefallen, hätten Teile der Verwaltung nicht so lange mit dem Südkoreaner vom vermeintlichen Weltkonzern Pingpong gespielt und zudem für ihn mehr oder weniger heimlich gebürgt.

In der Strafmilderung spiegelt sich quasi eine noch virtuelle Restschuld der anderen. Wer und was das genau ist oder ob Kim der "Sündenbock" bleibt, wie sein Anwalt glaubt, werden erst weitere WCCB-Prozesse zeigen.

Schon deshalb ist es mehr als gewagt, heute die WCCB-Welt in Betrogene und Betrüger einzuteilen. Betrogen fühlt sich der Stadtrat von der Verwaltungsspitze, aber ob aus dem Gefühl etwas Strafrelevantes wird, auch darüber entscheiden erst die nächsten Verfahren.

Einstweilen ist Bonn WCCB-müde. Staatsanwälte ebenso wie Journalisten, Richter oder Rechtsanwälte, obwohl für letztere das einstige Erregungsobjekt eine zuverlässige Erlösquelle bleibt. Und die Mehrheit - die Bürger - steht im Schatten des Prestigeobjekts. Denn eine der wenigen WCCB-Gewissheiten lautet: Die Steuerzahler bezahlen den größten Bauskandal in der Bonner Nachkriegsgeschichte. Es tröstet wenig, dass es auch bei der Elbphilharmonie, dem Berliner Flughafen oder am Nürburgring keinen anderen Rechnungsempfänger gibt.

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