Kommentar zu Siemens Zeichen der Zeit erkennen
Meinung | München · Begleitet von Protesten hat Siemens am Mittwoch seine Aktionärsversammlung abgehalten. Vor der Olympiahalle in München protestierten Umweltgruppen gegen den Verkauf einer Signalanlage an ein umstrittenes Minenprojekt in Australien. Unternehmen sollten künftig dreimal überlegen, welche Geschäfte ihrem Ruf nicht schaden, kommentiert GA-Korrespondent Mischa Ehrhardt.
Jim Hagemann Snabe hat Recht. Der Aufsichtsratschef von Siemens machte darauf aufmerksam, dass man das Problem weltweiter Nachhaltigkeit nicht auf der Siemens-Hauptversammlung lösen könne. Das stimmt unbestritten. Nur muss ein Konzern eben Rede und Antwort stehen bei einem Aktionärstreffen. Und im Zweifel muss das Management erklären, warum es welche Geschäfte macht.
Mag sein, dass der Streit um Adani manchem überdimensioniert erscheint. Das ändert aber nichts an einem grundsätzlichen Konflikt, der uns noch begleiten wird: Konzerne werden in Zukunft viele Geschäfte nicht mehr machen können, wenn sie sich dem Ziel Nachhaltigkeit verschreiben und dieses Ziel glaubwürdig sein soll. Wenn sie aber zweifelhafte Geschäfte machen, müssen sie sich auf Protest einstellen. Das ist auch gut und richtig so. Denn seit dem Weltklimagipfel in Kyoto 1997 sind die weltweiten CO2-Emissionen kontinuierlich weiter gestiegen. Je länger aber das konsequente Umsteuern dauert, desto drastischer werden die Maßnahmen ausfallen, die dann notwendig sind, um die CO2-Emissionen runter zu kriegen.
Viele Investoren haben die Zeichen der Zeit längst erkannt. Und deren Logik ist ziemlich unbestechlich: In nicht nachhaltige Branchen, Unternehmen und Projekte zu investieren macht keinen Sinn, weil die keine Zukunft haben. Ergo sind sie ausfallgefährdet oder werfen auf längere Sicht keine Renditen ab. Deswegen sollten Unternehmen künftig dreimal überlegen, welche Verträge sie mit welchen Partnern schließen und welche Geschäfte ihrem Ruf nicht schaden. Dann muss niemand auf einer Hauptversammlung für Nachhaltigkeit streiten.