Kommentar zur Wahlrechtsreform Mutlose Reformer

Meinung · An Vorschlägen für eine Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestags herrscht kein Mangel. Die große Koalition hat die Mehrheit, die Entscheidung zu treffen. Sie muss es nur tun, kommentiert GA-Chefredakteur Helge Matthiesen.

  D er Bundestag.

D er Bundestag.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Große Koalitionen haben den Vorteil, dass sie schwierige Probleme lösen können, für die es einer breiten Mehrheit bedarf. Die Reform des Wahlrechts ist so ein Projekt. Die Sache ist komplizierter als sie auf den ersten Blick scheint. Hinter der Notwendigkeit, die Zahl der Sitze im Bundestag zu verringern, stecken viele Einzelaspekte, die alle Berücksichtigung finden müssen. Es geht um Fragen der gerechten Wahlchancen auch für die kleinen Parteien. Es geht um die Vertretung der Interessen der Regionen in der Bundespolitik. Und es geht natürlich auch um die Zahl der Posten, die eine Partei zu vergeben hat, ihre Schlagkraft an der Basis und in Berlin, die Finanzierung von Bürgerbüros, ihre Präsenz in der Fläche.

Was vor allem den beiden großen Parteien dazu bisher eingefallen ist, scheint kaum der Rede wert. Eine reine Mehrheitswahl wie in Großbritannien will derzeit niemand. Auch eine reine Verhältniswahl steht nicht zur Debatte. Beide Regelungen würden mit unterschiedlichen Nachteilen zu einer klaren Lösung führen. Also weiter mit dem gemischten System: Dann ist es unumgänglich die Zahl der Wahlkreise zu verringern. Diese Kröte werden vor allem CDU und CSU also schlucken müssen. Bisher weigern sie sich noch.

Derzeit tun sie lieber so, als sei damit die Vertretung vieler Regionen nicht mehr gewährleistet. Das trifft nicht zu, sondern spiegelt nur die Bequemlichkeit der Parteien. 600 Abgeordnete stehen zur Verfügung. Das ist völlig ausreichend für ein handlungsfähiges Parlament. Die Parteien müssen dann vielleicht selbst dafür sorgen, in der Fläche präsent zu sein. So machen es die Europaabgeordneten auch heute schon, selbst wenn sie nicht direkt gewählt sind. Die große Koalition hat die Mehrheit, die Entscheidung zu treffen. Sie muss es nur tun.

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