Kommentar Zypern, Deutschland und die EU - Teure Freunde

Auf den ersten Blick funktioniert die europäische De-facto-Transferunion wie eine Umverteilungsmaschine von oben nach unten, von den reichen Ländern des Nordens zu den armen im Süden.

Tatsächlich wissen wir aber seit der jüngsten Studie der Bundesbank, dass die Umverteilung in Wahrheit umgekehrt verläuft - freilich nicht von Süd nach Nord, sondern von Arm zu Reich. Das mittlere Vermögen deutscher Haushalte beträgt der Bundesbank zufolge rund 51 400 Euro; im Krisenstaat Italien sind es 163 900, im Krisenstaat Spanien 178 300 Euro.

Die Ergebnisse für Zypern haben die Notenbanker mit Blick auf die Stimmung in Deutschland "vorsichtshalber" noch nicht veröffentlicht. Man darf aber davon ausgehen, dass die beharrlichen Insulaner im Mittel ebenfalls über mehr Vermögen verfügen als die Deutschen. Um an dieser Stelle kein Missverständnis zu erzeugen: Es geht hier nicht um Neid. Es geht um Gerechtigkeit. Wenn also jemand fragt, ob es denn gerecht sei, jene Vermögenden in Zypern zur Rettung des eigenen Landes heranzuziehen, die zuvor - wie auch die russischen Oligarchen - massiv von überhöhten Zinsen und Steuerdumping profitiert haben, dann lautet die Antwort: Ja.

Eine Ungerechtigkeit wird so vermieden, eine andere abgemildert. Die eine Ungerechtigkeit hätte die ärmeren Zyprer betroffen, die Kleinsparer. Diese wollte der zyprische Regierungschef, obwohl er später davon nichts mehr wissen mochte, ebenso schröpfen wie zukünftige Pensionäre, um die reichen (russischen) Freunde so weit wie möglich zu schonen. Das war schlicht unanständig und mit dem aufgebrachten Volk nicht zu machen.

Die zweite Ungerechtigkeit betrifft den (nord-)europäischen und nicht zuletzt deutschen Steuerzahler. Dieser will sich nicht für risikoreiche Geschäftsmodelle wie etwa aufgeblähte Bankensysteme allein in Haftung nehmen lassen und auch nicht für zu niedrige und/oder nicht konsequent eingetriebene Steuern. Sollen doch erst einmal jene zahlen, die jahrelang von der Ausplünderung ihrer eigenen Staaten profitiert haben! Zypern etwa wäre durchaus in der Lage, auf diese Weise deutlich mehr eigene Mittel bereitzustellen, als es das jetzt tun muss.

Es war richtig, dass die deutsche Bundesregierung in den Verhandlungen bis zuletzt vergleichsweise hart aufgetreten ist. Ein Land, das sich penetrant einer Lösung verweigerte und zwischenzeitlich, an der Eurogruppe vorbei, sogar mit den Russen parallel verhandelte, konnte auf diplomatischem Weg nicht mehr eingefangen werden. Da konnte es am Ende nur noch heißen: Friss oder stirb!

Ob sich Deutschland aber auch bei einem größeren Land trauen würde, hart zu bleiben? Schon jetzt sind die Ressentiments in der EU gegen die Deutschen so groß wie selten. Beim Geld hört, Friedensnobelpreis hin oder her, wohl leider auch in Europa die Freundschaft auf.

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