Kommentar zur Absage von Pützchens Markt Langer Atem

Meinung | Bonn · Pützchens Markt in Beuel und das Oktoberfest in München sind abgesagt. Das unterstreicht, dass uns ein Sommer bevorsteht, wie es ihn in Deutschland noch nicht gegeben hat, kommentiert GA-Chefredakteur Helge Matthiesen.

Die Fahrgeschäfte müssen dieses Jahr stillstehen: Pützchens Markt ist abgesagt.

Die Fahrgeschäfte müssen dieses Jahr stillstehen: Pützchens Markt ist abgesagt.

Foto: Benjamin Westhoff

Allen Lockerungsübungen zum Trotz zeichnet sich erst langsam ab, welcher Test uns noch bevorsteht. Die Absagen von Pützchens Markt und Oktoberfest markieren einen neuen Eckpunkt. Der unterstreicht, dass uns ein Sommer bevorsteht, wie es ihn in Deutschland noch nicht gegeben hat: Ohne Unterhaltungsprogramm, ohne Fernreisen, mit geschlossenen Freibädern und der vagen Aussicht, dass es irgendwann auch wieder anders wird. Bis dahin müssen wir uns einrichten und zu Hause bleiben. Wir werden die Region und ihre Angebote ganz neu kennen- und vielleicht auch schätzen lernen.

Die Entscheidung gegen die großen Volksfeste ist dennoch ohne Zweifel richtig. Erst wenn es einen Impfstoff gegen das Corona-Virus gibt, erst wenn Medikamente zur Verfügung stehen, ist an eine deutliche Lockerung mit Massenveranstaltungen zu denken. Ansonsten droht ein Rückschlag, der vielen Tausend Menschen das Leben kosten kann. Leider wird selten klar formuliert, wie lange wir uns noch gedulden müssen.

Diese Botschaft ist unpopulär, auch wenn sie auf der Hand liegt. Der Bundesliga-Fußball sträubt sich noch gegen die Erkenntnis: Aber es wird auch keinen normalen Saisonstart im Spätsommer geben. Wenn die Herren über das Ende der Saison nachdenken, sollten sie auch gleich über Geisterspiele im Herbst reden.

Tragisch sind die Entscheidungen für die Schausteller, die in diesem Jahr nur noch auf ein Weihnachtsgeschäft hoffen dürfen. Ansonsten ist ihre Saison gelaufen. Wer von ihnen wirtschaftlich überlebt? Ob Pützchens Markt 2021 so wiederkommt, wie es alle lieben? Niemand kann das derzeit sagen. Die Pandemie hinterlässt eine Schleifspur, die uns noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte beschäftigen dürfte. Den Sommer zu Hause werden wir verschmerzen.

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