Ausgebrannte Busse Menschen in Ost-Aleppo müssen weiter auf Evakuierung warten

Aleppo/New York · Zwischendurch, so schien es, stand die Evakuierung Ost-Aleppos kurz bevor. Doch dann brannten Busse. Und die Menschen in den Rebellengebieten müssen trotz Winterkälte weiter warten.

 Busse zur Evakuierung Ost-Aleppos in der zerstörten Stadt. Mehrere der Busse sind Menschenrechtlern zufolge nach Angriffen ausgebrannt.

Busse zur Evakuierung Ost-Aleppos in der zerstörten Stadt. Mehrere der Busse sind Menschenrechtlern zufolge nach Angriffen ausgebrannt.

Foto: Ghith Sy

Tausende Rebellen und Zivilisten im Osten Aleppos müssen in winterlicher Kälte weiter auf die Evakuierung der Enklave warten.

Trotz einer Verständigung zwischen Regierung und Aufständischen konnten die Menschen die von der Armee belagerten Gebiete am Wochenende zunächst nicht verlassen. Busse für ihren Abtransport waren zwar in die Enklave eingefahren. Offensichtlich verhinderte aber der Angriff auf weitere Busse in der Nachbarprovinz Idlib weitere Evakuierungen, die seit Freitag ausgesetzt sind.

Sechs Busse brannten den Menschenrechtlern zufolge aus. Anscheinend seien die Fahrzeuge von Unterstützern der dschihadistischen Gruppe Fatah al-Scham, einem Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida, angegriffen worden, sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, der Deutschen Presse-Agentur. Die Tat fand demnach nahe dem von Rebellen belagerten schiitischen Dorf Fua statt, aus dem gleichzeitig mit der Evakuierung Ost-Allepos Menschen in Sicherheit gebracht werden sollen.

Die Beobachtungsstelle berichtete, dass es Gespräche zwischen Russland, dem Iran und der Türkei gebe, um die Evakuierung trotz des Angriffs auf die Busse durchzuführen. Die Türkei verhandelt auf Seiten der Rebellen.

Die schiitschen Dörfer Fua und Kafraja in der südwestlich von Aleppo gelegenen Provinz Idlib sind auf Druck der mit der Regierung verbündeten iranischen Milizen Teil des Deals. Sie hatten nach Angaben aus Regierungskreisen gefordert, dass im Gegenzug für die Evakuierung der Rebellengebiete Aleppos auch die Blockade dieser beiden Orte aufgehoben werden müsse. Aus ihnen sollen rund 1500 Verletzte, Frauen und Kinder in Sicherheit gebracht werden.

Es wird davon ausgegangen, dass sich noch mehrere Zehntausend Menschen in dem monatelang belagerten Osten Aleppos aufhalten. Die Rebellengebiete waren nach heftigen Luftangriffen in den vergangenen Wochen von syrischen Regierungstruppen mit Unterstützung Russlands und des Irans fast vollständig erobert worden.

Angesichts der verheerenden humanitären Lage in Aleppo äußerte sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier besorgt: "Die verheerende Lage der Menschen in Ost-Aleppo ist verzweifelt und zum Verzweifeln." Viele warteten frierend und ohne ausreichende humanitäre und medizinische Versorgung auf die Wiederaufnahme der rettenden Evakuierungen.

Der UN-Sicherheitsrat diskutierte am Sonntag stundenlang bei einer Sondersitzung über eine mögliche Entsendung von Beobachtern in die syrische Stadt Aleppo. Die beratungen wurden vertagt und sollen am Montag fortgesetzt werden. Ob eine von Frankreich eingebrachte Resolution das Gremium passieren würde, war fraglich. Schon vor Beginn des Treffens hinter verschlossenen Türen kündigte Russland an, sie nicht mitzutragen. "Wir können das nicht unterstützen, wir können nicht erlauben, dass es durchkommt. Denn das ist ein Desaster", sagte UN-Botschafter Witali Tschurkin.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rechtfertigte indes die militärische Zurückhaltung des Bündnisses. Ein Militäreinsatz könnte zu einer weiteren Eskalation beitragen, sagte Stoltenberg der "Bild am Sonntag". "Wir würden riskieren, dass es ein größerer regionaler Konflikt wird. Oder dass noch mehr Unschuldige sterben." Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kritisierte in dem Blatt das Vorgehen der russischen und syrischen Streitkräfte. "Weder das syrische Volk noch die Weltgemeinschaft werden die Gnadenlosigkeit von Aleppo je vergessen, die durch nichts zu rechtfertigen ist."

CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen warnte in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" davor, dass Russland und die Türkei eine gesonderte Absprache über Syrien treffen könnten. "Eine der gefährlichsten Entwicklungen ist ein russisch-türkisches Arrangement in Syrien", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Hier drohe "ein weiteres diplomatisches Desaster für den Westen".

Am Samstag demonstrierten mehrere Tausend Menschen in verschiedenen deutschen Städten und auch in London gegen den Krieg. In Stuttgart waren rund 2200 Menschen dabei, in Berlin beteiligten sich an zwei Demonstrationen nach Polizeiangaben insgesamt rund 2100 Menschen, in Mannheim rund 1500, in Hamburg 800.

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