DFB-Team in Russland Moskau-Ankunft ohne Glamour - Löws WM-Mahnung

Moskau · Der Weltmeister ist in Russland gelandet. Vom Flughafen Wnukowo ging es gleich weiter ins Teamquartier in Watutinki. Fünf Tage bleiben dem Bundestrainer dort, um bis zum ersten Spiel gegen Mexiko die leisen Zweifel zu beheben. Ziel bleibt die historische Titelverteidigung.

 Bundestrainer Joachim Löw und Assistent Thomas Schneider betreten russischen Boden.

Bundestrainer Joachim Löw und Assistent Thomas Schneider betreten russischen Boden.

Foto: Christian Charisius

Oliver Bierhoff ging die mit einer Deutschland-Fahne geschmückte Gangway als erster hinunter. Dann folgte gleich Joachim Löw. In Moskau erwartete die deutschen Fußball-Weltmeister nach ihrer Ankunft zur Mission WM-Titelverteidigung aber kein großer Bahnhof.

Hinter der Passkontrolle gab es ein wenig Beifall von wartenden Flughafen-Besuchern. Schnell ging es für Manuel Neuer und seine Kollegen in Richtung Teamquartier in Watutinki - dem schmucklosen Vorort rund 40 Kilometer südwestlich vom Herzen Moskaus.

Vor der Landung mit der Sondermaschine LH 2018 hatten Löw und seine 23 WM-Spieler am Dienstagnachmittag nach zweieinhalb Stunden Flugzeit schon einen Blick auf das von vielen Hochhäusern geprägte Umland der russischen Hauptstadt erhaschen können. In ihr luxuriöses WM-Hauptquartier nehmen Löw und seine Auswahl neben einem großen Vertrauensvorschuss der Bundesbürger aber auch Skepsis und Misstöne mit.

"Die Mannschaft ist in ihrer taktischen Reife und technischen Qualität hoch entwickelt", erklärte der Bundestrainer. Das müsse sie nun ab dem ersten Gruppenspiel am Sonntag (17.00 Uhr) gegen Mexiko im Moskauer Luschniki-Stadion auch auf dem Platz beweisen. Am 15. Juli will der Bundestrainer ebendort den historischen WM-Wiederholungssieg feiern. "Die Details müssen stimmen, daran müssen wir arbeiten", sagte Löw der Deutschen Presse-Agentur.

Am Mittwoch steht um 10.00 Uhr (MESZ) ein öffentliches Training auf dem Gelände des russischen Top-Clubs ZSKA Moskau an. Danach wird Löw die Zugänge sicher schließen, um in Ruhe die Mexiko-Partie vorzubereiten. "Da geht es um den Feinschliff und die Einstellung auf den Gegner", berichtete Löw über die Hauptaufgaben der nächsten Tage: "Wir werden uns intensiv mit Mexiko beschäftigen, denn das ist ein unbekannter Gegner für die meisten Spieler. Auch sehr unbequem."

Das Unternehmen Titelverteidigung war im Frankfurter Schmuddelwetter gestartet. Die DFB-Stars schritten über einen grünen Teppich in den WM-Charter. Mit dem legendären "Siegerflieger" waren der Bundestrainer und seine Weltmeister vor vier Jahren aus Brasilien zurückgekehrt, mit dem Gold-Logo auf dem "Mannschaftsflieger Fanhansa" hob das deutsche Nationalteam am Dienstagmittag mit etwa einer halben Stunde Verspätung nach Russland ab. Das klare Ziel: wieder mit dem WM-Pokal zurückkommen.

Flughafenmitarbeiter und Stewardessen standen zum Abschied noch Spalier. Im Airbus A321 war alles bestens vorbereitet für den Zweieinhalb-Stunden-Flug gen Osten. Auf den Kopfstützen waren sogar die Namen von Thomas Müller und seinen Kollegen eingestickt. Löw konnte entspannt auf seinem Sitz in der ersten Reihe Platz nehmen, Neuer direkt hinter ihm. Mehrere Spieler twitterten Bilder aus der Maschine. "Boys on tour. Let's go to Watutinki", schrieb Mario Gomez.

Wenige Stunden vor dem Abflug hatte sich eine Delegation um Neuer und Bierhoff noch in der Verbandszentrale in Frankfurt verabschiedet. Die DFB-Mitarbeiter trugen WM-Trikots, Neuer stimmte La Ola an.

Das Gemeinschaftsgefühl sollte noch einmal betont werden, nach einer keinesfalls reibungslosen Vorbereitung und den Dauer-Misstönen um die Fotos von Ilkay Gündogan und Mesut Özil mit Türkei-Präsident Recep Tayyip Erdogan. "Ich mache mir weniger Sorgen generell um die Mannschaft, sondern eher um die beiden Spieler. Es beschäftigt Mesut und Ilkay schon sehr", sagte Bierhoff der "Bild"-Zeitung.

Die Testspiel-Niederlage gegen Österreich (1:2) und die auffälligen Defizite gegen den krassen WM-Außenseiter Saudi-Arabien (2:1) haben Löws grundlegende Zuversicht allerdings nicht geschmälert. "Die Grundidee steht. Wir müssen uns nicht über unsere Spielweise Gedanken machen", erklärte der Weltmeister-Coach selbstbewusst.

Die neun Spieler, die als WM-Sieger von 2014 mit im DFB-Charter in die russische Hauptstadt flogen, sollen das neue Team anführen. "Es ist die große Herausforderung und der Reiz, den WM-Titel zu bestätigen, die Emotionen dieses Triumphes noch einmal zu haben", sagte Löw.

Ein Großteil der Deutschen glaubt daran, dass es der Bundestrainer in Russland noch einmal hinbekommt. Bei einer Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov, die vor dem letzten WM-Test gegen Saudi-Arabien stattfand, glaubten 32 Prozent der Befragten an einen Triumph des DFB-Teams im Moskauer Finale. Nur zwei Prozent rechnen mit einem historischen Scheitern schon in der Gruppenphase. 28 Prozent gehen davon aus, dass die Mannschaft das Halbfinale erreicht.

Die weiteren Partien in der Gruppe F finden am 23. Juni (20.00 Uhr) in Sotschi gegen Schweden und am 27. Juni (16.00 Uhr) gegen Südkorea statt. Deutschland kam bei den bisherigen Versuchen, die WM-Titel zu verteidigen, nur 1958 bis ins Halbfinale. 1978 war mit der Schmach von Cordoba in der Zwischenrunde Schluss, 1994 endete der WM-Traum in New York im Viertelfinale gegen Bulgarien. 2018 soll diese Negativserie enden.

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